Telefonieren mit dem Hörgerät? Das soll funktionieren?
Sie kennen das. Früher gab es ein Wählscheibentelefon, das meist in der Diele oder bestenfalls im Wohnzimmer stand. Mausgrau, später poppig orange oder grün. Die Schnur war 2 Meter lang und man fasste sich kurz.
Dann kamen die Schnurlostelefone in Mode, meist im Export-Laden gekauft. Mittlerweile hat kaum noch jemand im privaten Bereich ein kabelgebundenes Telefon. Die allermeisten Menschen benutzen Schnurlostelefone.
Natürlich haben sich auch Handys durchgesetzt und hier vor allem die Smartphones.
Telefonieren hat sich also verändert. Kaum noch spürbare Gesprächsgebühren und mobiles Telefonieren, so ist das heute.
Dabei telefoniert man nicht mehr nur mit dem Telefon am Ohr. Jüngere Menschen sehe ich oft mit dem in der Hand vor dem Gesicht gehaltenen Handy telefonieren. Im Auto benutzt man selbstverständlich die (eingebaute) Freisprecheinrichtung.
Und Menschen, die viel unterwegs telefonieren müssen, bevorzugen Bluetooth-Dinger die hübsch blau am Ohr blinken.
Aber Telefonieren mit dem Hörgerät? Haben Sie das schon gehört?
Nun, das geht schon eine ganze Weile. Unitron, Phonak und andere Hersteller haben das schon mit der letzten Generation ihrer Hörgeräte vorgestellt. Zwischen Handy und Hörgerät wird eine Bluetooth-Verbindung aufgebaut und so kann das Hörgerät als Telefon-Headset oder besser „Ear-Set“ verwendet werden.
Funktioniert hat das Ganze bislang schon sehr gut, nur die Gesprächsqualität war so, naja sagen wir es ehrlich: besch…, äh bescheiden.
Vor allem meine eigene Stimme kam beim Anrufer nur hohl, hallend und viel zu weit entfernt klingend an. Jeder fragte mich: „Bist Du auf Freisprechen? Sprich mal lauter!“
Mit diesen Erfahrungen war ich nun besonders gespannt, wie das mit der neuen Hörgeräte-Generation von Phonak, nämlich der Marvel-Reihe, funktioniert.
Inzwischen habe ich schon Dutzende von Anrufen absolviert, kürzere, längere und in verschiedenen Geräuschsituationen.
Zuerst rief ich hier vom Büro aus einen guten Freund an, der über gutes technisches Verständnis verfügt und mir deshalb ein profundes Feedback geben kann.
Ich rufe ihn also an und spreche eine Weile mit ihm. Dass ich vom Hörgerät aus telefoniere, das sage ich ihm erst nach ein paar Minuten.
Seine Aussage: „Das klingt gut, so als ob Du mit einer Freisprecheinrichtung telefonierst und etwas zu weit weg vom Telefon bist.“
An diesem Punkt machte sich Enttäuschung bei mir breit. Da hatte ich mir mehr versprochen. Auch ihn hörte ich gut über beide Hörgeräte, aber mit etwas Rauschen.
Wir unterhielten uns weiter und es blieb dabei: Etwas lauter müsste ich sein und näher ans Mikrofon gehen.
Doch dann sagte mein Gesprächspartner: „Moment, ich wechsele mal aufs Festnetztelefon.“
Meine Güte, der hatte die ganze Zeit über ein Bluetooth-Headset mit mir gesprochen.
Kaum hatte er den Hörer am Ohr, sagte er: „Jetzt klingst Du ganz normal, so als ob Du mit dem Festnetzgerät telefonierst!“.
Auch er klang auf einmal voll, bassig und angenehm laut in meinen Hörgeräten.
Mein Freund bescheinigte mir, dass ich ausgezeichnet zu verstehen sei und der Klang natürlich und sauber sei.
Dann machte ich ihm klar, dass wir ja vorher über 3 Funkverbindungen telefoniert hatten:
Marvel-Hörgerät -> iPhone
iPhone -> Mobilnetz -> Festnetztelefon
Festnetztelefon -> Bluetooth-Headset
Dass hierbei gewisse Einbußen hinzunehmen sind, das ist ja wohl klar.
Und genau im Verlauf dieses Gesprächs wurde uns dann auch nochmal bewußt, dass wir ja über das Mobilfunknetz sprechen.
Und ehrlich, liebe Leserinnen und Leser? Mobilfunk finde ich nie so klar und deutlich, wie Festnetz.
Für diese Konstellation aber: Marvel-Hörgerät -> iPhone -> Mobilfunknetz -> Festnetztelefon, dafür war die Sprachqualität optimal und extrem gut.
Bei meinem zweiten Anruf, diesmal bei einem unserer Redakteure, sagte ich gar nicht dazu, dass ich über das Hörgerät telefoniere.
Während des gesamten Gesprächs kam keine Bemerkung zur Gesprächsqualität. Das ist der Funktionsbeweis erster Klasse für mich.
Tja, und wie funktioniert das Telefonieren über das Hörgerät?
Kinderleicht. Das gekoppelte Telefon klingelt quasi in Ihrem Ohr. Sie nehmen das Gespräch durch einen Druck auf den Taster am Ohr an und schon können Sie telefonieren.
Also nochmal: Es klingelt und Sie gehen mit dem Hörgerät dran. Fertig.
Wenn Sie jemanden anrufen möchten, dann wählen Sie wie gewohnt die Nummer auf dem Mobiltelefon an und führen das Gespräch über das Hörgerät.
Noch besser: Sie können auch einfach „Hey Siri“ sagen, wenn Sie ein iPhone haben. Sie hören Siri im Ohr.
Stellen Sie sich das vor! Sie sagen einfach nur in Richtung Mobiltelefon „Hey Siri, Frank Meyer anrufen“ und Sekunden später hören Sie Frank Meyer auf beiden Ohren und können mit ihm sprechen. Ohne das Handy überhaupt in der Hand gehabt zu haben.
Genial!
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Bilder: homemde
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