Schieben sich jetzt HNO-Ärzte das Geld doppelt in die eigene Tasche?
Leser-Kommentar von Gerald:
Ich lese derzeit überall die Schlagzeile „Versicherte erhalten ihr Hörgerät jetzt direkt beim Arzt“.
Das wird uns als großer Vorteil verkauft.
Offenbar haben die Ersatzkassen nun Verträge mit den Ärzten abgeschlossen. Die erlauben es, dass Ohrenärzte einem Patienten eine Schwerhörigkeit diagnostizieren, dann eine Verordnung (Rezept) für Hörgeräte ausstellen und dann das Rezept bei sich selbst einlösen und dem Patienten auch noch ein Hörgerät verkaufen.
Das kann doch wohl nicht ernst gemeint sein, oder?
Ich meine, das öffnet doch der Schieberei Tür und Tor! Bislang haben HNO-Ärzte, so habe ich gehört, mitunter Geld dafür genommen, dass sie Patienten zu bestimmten Hörgeräteläden schicken. Es gibt auch so Konstrukte, da hat die Frau des Ohrenarztes im gleichen Haus ein Hörgerätegeschäft.
Das war ja schon so ein bißchen, na sagen wir mal, anrüchig.
Aber jetzt könnten schwarze Schafe unter den Hals-Nasen-Ohren-Ärzten auf die Idee kommen, schon bei ganz leichten Veränderungen am Gehör gleich Hörgeräte zu verschreiben.
Man kennt ja diese Grenzfälle, wo das Gehör zwar schon etwas eingeschränkt ist, aber ein Hörgerät eigentlich noch nicht notwendig wäre. Hier wäre der Arzt ja geradezu blöd, würde er dem Patienten keine Verordnung ausstellen.
Ja und dann? Dann sagt der Arzt: „Die Hörgeräte bekommen Sie von mir, die können Sie gleich mitnehmen.“
Eine Praxisangestellte zeigt dem Patienten dann verschiedene Geräte, eine Anpassung erfolgt via Telecare durch einen zugeschalteten Vertragshörakustiker.
Im Anschluss löst der Arzt das von ihm selbst ausgestellte Rezept auch noch ein und kassiert doppelt, dreifach und vierfach. Einmal für die Ausstellung eines Rezeptes, dann für die Einlösung, für die Beratung, für die Anpassungsleistung und natürlich die fette Marge bei den Hörgeräten.
Was habe ich mal irgendwo gelesen? Hörgeräte der Basisklasse, die von der Kasse finanziert werden, dem Arzt also an die 1.200 Euro bringen, kosten im Einkauf gerade mal 90-150 Euro pro Stück?
Und teurere Geräte? Wie sieht es denn damit aus?
Bis jetzt haben die HNO-Ärzte immer gesagt, die Kassengeräte reichen vollkommen aus. Warum hätten sie auch was anderes sagen sollen, sie verdienten ja an den Geräten nichts. So ließ sich vortrefflich zeigen, dass man ja ach so arg um das Wohl des Patienten bemüht ist.
Aus guter Gesundheitsversorgung kann ein reines Geschäft werdenAber jetzt?
Der Arzt würde 2.000-5.000 Euro zum Fenster rauswerfen, würde er nicht auch Patienten teurere High-End-Geräte verkaufen.
Denn Obacht: Auch Geräte, die im Paar über 7.000 Euro kosten, kauft der Arzt für rund 20% des VK-Preises günstig ein. Oder?
Mal abgesehen von den schwarzen Schafen, die es in jeder Branche gibt, war der HNO-Arzt doch bislang die hörgeräteneutrale Person im ganzen Verfahren.
Er stellt die Schwerhörigkeit fest, legt die audiometrischen Parameter fest und überlässt den Patienten dann einem Fachmann, der das ganze 3 Jahre lang hochspezialisiert gelernt hat. Dieser bestens ausgebildete Hörakustiker passt die Geräte an. Der Patient kann dann noch einen Kontrolltermin beim Arzt machen, damit dieser überprüfen kann, ob die von ihm verordnete Maßnahme auch den gewünschten Erfolg zeigt.
Aber hier kontrolliert, verschreibt, verdient und verordnet eine Person in einem Teufelskreis aus Undurchsichtigkeit.
In meinen Augen ist das keine Verbesserung.
Verärgerte Grüße
Gerald B., Delmenhorst
Titel-Bild: stevepb / Pixabay
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