Als ich bei meinen Tests das Phonak B90-Gerät von der Hörakustik her gesehen etwas besser als das Oticon fand, wollte ich zunächst nicht zum B90 wechseln, weil es eben kein MFI-kompatibles Hörgerät ist. Erst die neue Marvel-Serie von Phonak versprach etwas ähnliches, weshalb ich dann doch gewechselt habe und mittlerweile zufriedener Testnutzer eines Phonak Audeo M90-312 bin.
Allerdings ist die Marvel-Serie kein MFI-Gerät im Apple-Sinne, sondern stattdessen ein ziemlich allgemeines Bluetooth-kompatibles Hörgerät. Aber insofern eben anders, und aus meinen eigenen Erfahrungen heraus rate ich sehr davon ab, sich direkt vom Marvel aus mit allen möglichen Bluetooth-Geräten zu verbinden. Stattdessen sollte man meiner Meinung nach das M90 nur so mit dem iPhone verbinden, dass es sich “praktisch“ wie ein MFI-Gerät verhält. Konkret also: Von meinem Notebook aus streame ich wie schon beim Oticon über Airfoil in mein iPhone, das dann automatisch an mein M90 “weitergibt”. Und normales Audio z.B. vom iPhone Musikplayer kommt natürlich auch direkt ins M90, genau wie jede Art von Telefonaten. Wobei bei letzterem auch noch die automatische Handsfree-Funktion begeistert. Wenn ich angerufen werde, dann muss ich einfach nur kurz die Wippe an meinem M90 drücken, und schon spreche ich frei mit meinem Gegenüber, ohne erst mein iPhone aus der Tasche würgen zu müssen.
In dieser Idylle des beliebigen Audiostreamings bin ich allerdings auf einen “Bug” gestossen, wie ich zunächst dachte und schon an Phonak melden wollte. Durch intensives Testen habe ich dann allerdings herausgefunden, dass es sich nicht wirklich um einen Software/Firmware-Fehler handelt, sondern, wie man in der Brache leicht ironisch sagt, um ein “Feature“. Das aber im Alltag ziemlich störend sein kann, wenn man es nicht kennt. Mittlerweile habe ich allerdings auch eine sehr leichte Umgehung für dieses Feature gefunden, die sicher für Einige nützlich ist und die ich hier im Anschluss an die Beschreibung des “Fehlverhaltens” aufführe.
Konkret passiert Folgendes: wenn ich auf meinem iPhone in bestimmte Apps gehe, dann wird auf einmal die Wiedergabe meines Hörumfeldes sehr leise. Und anders als im Normalfall kann ich dann auch nicht über die Wippe am M90 wieder auf lauter stellen, sondern die Wipptasten haben plötzlich eine andere Funktion (die Kontrolltöne werden dabei auch nicht mehr lauter oder leiser). Erst wenn ich auf dem iPhone aus der entsprechenden App herausgehe, dann nehme ich meine Hörumgebung wieder normal wahr, und die Wipptasten arbeiten auch wieder wie gewohnt.
Nach längerer Fehlersuche habe ich den Grund für diesen ziemlich störenden Mechanismus herausgefunden. Ich muss aber leider warnen: die folgende Beschreibung ist nichts für die typische “schwäbische Hausfrau”, sondern setzt gewisses Technik- und Softwareverständnis voraus. Also: erstmal kurz anschnallen oder diesen Passus überlesen! Also: auf dem iPhone gibt es Apps, die gar kein Audio ausgeben, und solche, die Audio ausgeben können. Hier geht es ausschliesslich nur um Letztere. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die App bei ihrer Verwendung tatsächlich Audio ausgibt, sondern nur, ob sie es prinzipiell könnte, z.B. für Tastentöne. Die Standard iPhone-Rechner-App ist solch ein Beispiel. Wenn ich eine solche App starte und im iPhone aktiv habe, also im Vordergrund auf dem Schirm, dann scheint das iPhone an ein gekoppeltes Bluetooth-Gerät (und das M90 ist ja ein solches!) auf Vorrat eine Kopplungsvorbereitung auszugeben, also eine Art Software-“Handle“ zu etablieren, damit für eventuell tatsächlich folgendes Audiostreaming alles schon eingestellt ist. Und jetzt kommt es: das M90 geht daraufhin auf Vorrat in den “Bluetooth-Streaming”-Modus, während es vorher im “AutoSense OS 3.0”-Modus war. Im “Bluetooth-Streaming”-Modus ist aber die Balance zwischen der Wahrnehmung der Aussenwelt und des Audiostreamings ganz anders eingestellt (die Balance kann man in der Phonak Remote App ändern, aber nur, wenn Bluetooth-Streaming gerade läuft). Und in diesem “Bluetooth-Streaming”-Modus wirken die M90-Wipptasten auch nur auf die Lautstärke des Audiostreams, so dass man die Aussenwelt so nicht wieder lauter gestellt bekommt.
Das kann einen einigermassen zur Verzweiflung treiben, wenn man (so wie ich) zunächst nicht begreift, was da überhaupt passiert, und wenn man dann auch nach dem Begreifen keine andere Umgehung findet, als aus der “schuldigen” App wieder herauszugehen. Schliesslich will man die ja benutzen!
Es gibt aber eine sehr einfache und auch für schwäbische Hausfrauen zumutbare Umgehung (“Bypass” im Technik-Slang), auf die ich allerdings erstmal kommen musste: Im iPhone Kontrollzentrum (Wischen nach oben) gibt es neben anderen Elementen u.a. einen Audio-Block für die Wiedergabe von Musik. Wenn man diesen 3D-Touch-mässig fest drückt, dann wird er bildschirmfüllend, und man kann da dann ganz oben rechts den Audio-Stream (auf Airplay-Symbol klicken) von “Falk’s Hörsystem-R“ auf iPhone (oder etwas anderes) umstellen. Dann geht das Marvel ganz aus dem BT-Streaming-Modus raus und man hört die Aussenwelt wieder in normaler Lautstärke. Wenn man dann später mal wieder Audio auf dem Marvel hören will und die entsprechende Rück-Umstellung vergessen hatte, dann merkt man das ja leicht daran, dass das Audio dann aus dem iPhone-Lautsprecher kommt, und man kann die Rückumstellung schnell und bequem über das Kontrollzentrum wieder umgekehrt wie gerade beschrieben machen.
Tja, man kriegt nix geschenkt… 😉
P.S.: Wie die Standard-iPhone-Marvel-Kopplung auf das Gesamtkunstwerk iPhone/M90 einwirkt, das kann man auch an einem einfachen Beispiel ganz ohne Beteiligung anderer Apps sehen:
Wenn das iPhone, ohne das man gerade mit ihm arbeitet, irgendeine Mitteilung herausgibt, z.B. zu einem fälligen Termin, dann gibt es ja (falls man nichts anderes eingestellt hat) einen kurzen Signalton. Dieser Signalton aktiviert beim gekoppelten M90 erwartungsgemäss ebenfalls kurz den “Bluetooth-Streaming”-Modus, woraufhin die Wiedergabe des akustischen Hörumfeldes leise wird. Nach wenigen Sekunden ist das aber wieder vorbei, der “Bluetooth-Streaming”-Modus geht automatisch wieder aus, und das Hörumfeld ist wieder normal laut.
Eingesandt von Leser Falk
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