Fragen an die Redaktion

Schwerer Datenschutzverstoß – Eine Ungeheuerlichkeit

Airpods

Seit zwei Wochen teste ich Hörgeräte, und ich muss sagen, sie sind hervorragend eingestellt. Ich habe keinerlei Probleme mit ihnen und bin vollauf zufrieden. Die Geräte sitzen hinter dem Ohr und sind mit einem Kabel mit dem Ohr verbunden. Mein Leben hat sich durch diese Hörgeräte spürbar verbessert – ich höre besser, fühle mich wohler, alles läuft prima.

Doch jetzt zu einem völlig unerhörten Vorfall, der mich regelrecht entsetzt hat: Mein Personalchef, der übrigens selbst Hörgeräte trägt, bot mir seinen „Rat“ an und empfahl mir, eine spezielle App herunterzuladen. Er schwärmte davon, wie unglaublich nützlich diese App sei und wie viel mehr ich aus meinen Hörgeräten herausholen könnte. Besonders betonte er, dass ich damit sogar drahtlos telefonieren könnte, was in meinem Job ja angeblich so praktisch wäre. Er ist ein geradezu fanatischer Verfechter dieser App.

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Ich habe ihm freundlich, aber bestimmt erklärt, dass ich derzeit völlig ohne App auskomme und keine zusätzliche Technologie benötige. Schließlich bin ich noch in der Testphase, und bislang läuft alles reibungslos.

Gestern jedoch wurde ich in der Kantine von einer völlig fremden Frau aus dem Büro meines Personalchefs angesprochen. Sie meinte, sie hätte gehört, dass ich nun ebenfalls Hörgeräte trage, genau wie sie, und sie wollte mir ebenfalls diese App ans Herz legen. Ich war vollkommen überrumpelt – ich kenne diese Frau überhaupt nicht! Woher weiß sie von meinen Hörgeräten, und warum glaubt sie, mir „helfen“ zu müssen?

Ich bin ehrlich gesagt stinksauer. Wie kommt mein Personalchef dazu, meine private Information über das Tragen von Hörgeräten an eine dritte Person weiterzugeben? Noch schlimmer: Warum instruiert er diese Person, mich in der Kantine anzusprechen und mich mit ihrer App-Mission zu belästigen? Das ist eine klare Verletzung meiner Privatsphäre und in meinen Augen ein unverzeihlicher Geheimnisverrat.

Das Ganze ist nicht nur übergriffig, sondern stellt auch einen schweren Verstoß gegen den Datenschutz dar. Ich bin entsetzt, dass mein Chef glaubt, er dürfe solche persönlichen Informationen einfach weitergeben. Das sollte man der Diskriminierung von der Regierung melden!
Sollte ich diesen Vorfall melden? Und wo kann ich Anzeige erstatten?

Auch frage ich mich: Steht mir nicht irgendeine Art von „Behindertenschadensersatz“ zu? Das ist ja wohl das Mindeste für diesen unverschämten und indiskreten Verrat. Ich würde gern wissen, was ich gegen dieses absolut inakzeptable Verhalten unternehmen kann. Was meinen Sie?

Übertreibung ist auch eine Kunst

Zunächst einmal: Atmen Sie tief durch und entspannen Sie sich. Es klingt, als hätten Sie hier einen weltbewegenden Skandal entdeckt, der – bei aller Liebe zur Dramatik – vielleicht gar keiner ist.

Ihr Personalchef hat Ihnen einen Rat gegeben. Das ist doch nett, oder? Viele Menschen wären dankbar, wenn der Chef ein persönliches Interesse zeigt und nützliche Tipps gibt. Die Tatsache, dass er diese App toll findet und damit gute Erfahrungen gemacht hat, ist kein Verbrechen, sondern schlicht eine Empfehlung.

Es ist doch auch so, dass selbst kleine Hörgeräte nicht völlig verborgen getragen werden können und es einem Beobachter auch zufällig auffallen kann, dass Sie welche tragen.
Außerdem ist doch auch zu bedenken, dass es sich bei einer Hörminderung ja auch um eine Form der Behinderung handelt. Betroffene helfen üblicherweise einander und stehen sich mit Rat und Tat zur Seite.
Ihr Personalchef hat meiner Meinung nach nicht übergriffig, sondern hilfsbereit gehandelt.

Nun zur „skandalösen Kantinenattacke“: Es ist natürlich möglich, dass Ihr Personalchef in einem lockeren Gespräch erwähnte, dass Sie jetzt auch Hörgeräte tragen. Vielleicht, weil er dachte, dass diese andere Kollegin Ihnen ebenfalls nützliche Hinweise geben könnte. Aber Hand aufs Herz: Ist es wirklich so schlimm, dass jemand weiß, dass Sie Hörgeräte tragen? Das ist kein Staatsgeheimnis und sollte Ihnen eigentlich nicht peinlich sein. Im Gegenteil: Viele Menschen schätzen es, wenn man offen über solche Dinge spricht.

Sie sprechen von „Geheimnisverrat“, „übergriffigem Verhalten“ und „Datenschutzverstoß“. Mal ehrlich: Möchten Sie wirklich den Datenschutzbeauftragten damit belästigen, dass Ihr Chef und eine Kollegin sich um Ihre Hörerfahrung kümmern? Wenn Sie das tun, könnten Sie als jemand wahrgenommen werden, der die Prioritäten im Leben ein wenig falsch sortiert hat. Außerdem: „Behindertenschadensersatz“? Das klingt, als wollten Sie aus einer Mücke einen Elefanten machen – oder, in diesem Fall, aus einer Hörgeräteempfehlung einen Gerichtsprozess.

Wenn Sie sich wirklich belästigt fühlen, wäre der einfachste Weg, Ihrem Chef zu sagen, dass Sie keine App wollen und auch keine Ratschläge dazu benötigen. Eine kurze, klare Ansage reicht oft aus. Und was die Kollegin angeht: Ein freundliches „Danke, ich komme gut zurecht“ hätte das Problem sicherlich sofort gelöst.

Fazit: Nicht jeder gut gemeinte Rat ist ein Angriff auf Ihre Privatsphäre. Wenn man Ihnen helfen will, können Sie das entweder freundlich ablehnen – oder, falls Ihnen die Hilfe tatsächlich lästig ist, ruhig einmal ein bisschen Gelassenheit üben. Denn Gelassenheit ist in der Regel besser für die Lebensqualität als ständige Empörung.

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Hashtags:

Ich habe zur besseren Orientierung noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels zusammengestellt:

#datenschutz #hörgerät #Verrat

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(©si)