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Gewährleistung: Wann beginnt die Garantie bei Hörgeräten?

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Thema Gewährleistung bei Hörgeräten. Wer Hörgeräte benötigt, sollte unbedingt zuvor mehrere Geräte zur Probe tragen. Hat man die geeigneten Hörgeräte für sich gefunden, kann man diese erwerben. Doch wann beginnt die Gewährleistung?

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Ein Leser schildert uns exemplarisch folgenden Fall:

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Ende August 2018 kaufte ich nach längerer Testphase unterschiedlicher Hör-Geräte gute Hörgeräte im Wert von 5000,00 €.
Es waren Nachfolgegeräte bisher über 6 Jahre getragener Geräte gleicher Marke von demselben Geschäft.

Ende Juli 2019 wurden die neuen Geräte wegen eines Übertragungsfehlers zur Reparatur eingeschickt. Kostenpunkt: 360,00 Euro.Zu meiner Überraschung höre ich, dass die Kosten von mir getragen werden müssen, da die Garantiezeit bereits abgelaufen sei.

Begründung: Ich hätte diese Geräte ja über einen längeren Zeitraum getestet. Somit sei 1 Jahr bereits abgelaufen.

Die endgültige Entscheidung für diese Geräte fiel tatsächlich im August vorigen Jahres. Dass da bereits die Garantiezeit angelaufen sein sollte, wurde mir nicht mitgeteilt und hätte mir auch nicht eingeleuchtet. Für mich gilt bis heute das Kaufdatum eines Produkts als Beginn der Garantie- und Gewährleistungszeit.

Was geschähe denn mit der Garantiezeit der Test-Geräte, die noch in weitere potentielle Ohren von Testkunden gelangen und dann gekauft würden?

Ich habe die Übernahme der Reparatur-Kosten abgelehnt. Daraufhin bietet der Hörgerätehersteller einen 50%-igen Rabatt an.
Ich will/werde höchstwahrscheinlich auch darauf nicht eingehen…
Wozu raten die Experten?

Wir kennen die genauen Umstände des Falls nicht und sind auch keine Rechtsanwälte. Daher können wir nur allgemein Stellung beziehen.

Wenn es sich um IdO-Hörgeräte handelt, die im Gehörgang getragen werden und mit einer speziell für Sie gefertigten Otoplastik ausgestattet sind, haben Sie eher schlechte Karten. In diesem Fall hat der Hörakustiker eine maßgefertigte Hörhilfe erstellt, die Sie unverbindlich ausprobieren durften. Nehmen Sie diese maßgefertigten Hörgeräte dann nicht ab, hat der Hörakustiker auf eigenes Risiko mit Zitronen gehandelt. Er bleibt dann in den meisten Fällen auf den Kosten für die Maßanfertigung sitzen (es sei denn, es war etwas anderes vereinbart).

Möchten Sie die Geräte aber behalten, zählt nach unserem Dafürhalten der Tag an dem Sie sie bekommen haben, als der Beginn der Gewährleistung nach dem BGB. Fragen Sie aber ruhig bei einem Anwalt nach, der sich in den Schuldverhältnissen beim Kauf eines Produkts auskennt.

Anders sieht es aus, wenn es sich um HdO-Geräte handelt, die hinter dem Ohr getragen werden. Hier ist es branchenweit üblich, dem Hörgeräte-Kunden sogenannte Demo-Geräte zur Verfügung zu stellen. Solche erhalten die Hörakustiker zu einem kleinen Preis oder sogar ohne Kosten von den Hörgeräteherstellern. Solche Demo-Hörgeräte werden nach gründlicher Reinigung und Durchsicht mehreren Kunden zur Verfügung gestellt. Mithin sind sie meist nicht neu.

Der Kunde kann sie über einen bestimmten Zeitraum ausprobieren. Wie lange dieser Zeitraum andauert, ist eine Vereinbarungssache zwischen Hörakustiker und Kunde. Wir kennen Akustikstudios, die strikte 14 Tage Probetragen einhalten, und wir kennen Betriebe, bei denen Kunden mitunter Hörgeräte ein halbes Jahr ausprobieren können.

Es kann natürlich sein, dass zwischen Hörakustiker und Kunde eine Vereinbarung getroffen wurde, die wie folgt lauten könnte: „Ich führe diese Hörgeräte nicht, kann sie aber für Sie bestellen. Wenn Sie sich dann dafür entscheiden, bekommen Sie genau diese Hörgeräte, die Sie zur Probe getragen haben.“

In einem solchen Fall könnte sich der Hörakustiker auf den Standpunkt stellen, die Gewährleistung habe schon mit der ersten Übergabe der Hörgeräte an Sie begonnen. Ob er damit vor Gericht Recht bekäme, ist aber fraglich.

Ansonsten ist es so, dass der Hörgeräte-Interessent nach dem Probetragen die Demo-Geräte wieder dem Hörakustiker zurück gibt. Im Gegenzug erhält er dann gegen Bezahlung seine eigenen, neuen Hörgeräte. Es ist nicht im Sinne der Hörgerätehersteller, dass Hörakustiker Test- oder Demogeräte an ihre Kunden verkaufen. Diese gekennzeichneten Geräte (Aufschrift: Demo, Trial, Muster oder Test usw.) sind nur für die Ausprobe gedacht.

Grundsätzlich müssen Sie zwischen Garantie und Gewährleistung unterscheiden.
Die Gewährleistung steht Ihnen per Gesetz zu. Sie läuft 2 Jahre und Sie haben die entsprechenden Ansprüche beim Händler geltend zu machen.
Eine Garantie ist ein freiwilliges Qualitäts- und Reparaturversprechen des Herstellers. Es kann 30 Tage oder auch 30 Jahre gelten. Hier ist der Hersteller völlig frei in der Gestaltung. Es ist eine kostenlose Zusatzleistung. Oft sind die Versprechen hier groß, bei genauem Lesen der Garantiebedingungen kommt aber oft das böse Erwachen.

Sie haben neue Hörgeräte, die nicht mehr richtig funktionieren. Da diese kaum Bedienelemente haben und Hörgeräte auch normalerweise nicht vom Kunden fehlbedient werden können (im Sinne von „Verstellen des Hörgeräts zerstört es“), kommen Sie als Schadensverursacher nur dann in Frage, wenn Sie das Gerät haben fallen lassen, es untergetaucht haben oder sonstwie daran manipuliert haben.

Bei der gesetzlichen Gewährleistung ist es so, dass nach 6 Monaten der Schwarze Peter bei Ihnen liegt. Sie müssen darlegen können, dass ein Material- oder Herstellungsfehler zu dem genannten Schaden geführt hat.

Das Garantieversprechen des Herstellers muß Sie zunächst einmal gar nicht interessieren. Wichtiger ist die Gewährleistungspflicht des Hörakustikers. Und die Gewährleistungszeit beträgt 2 Jahre. Und diese 2 Jahre sind noch nicht abgelaufen.

Nach unserem persönlichen Dafürhalten kann ein Hörgerätekunde ein Hörgerät im Bereich der Tonübertragung eigentlich nicht kaputt machen. Da das nicht geht, müssen Sie unserer Meinung nach auch nicht beweisen, dass Sie die Hörgeräte nicht kaputt gemacht haben.

Der Händler, also der Hörakustiker muss für die Gewährleistung einstehen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass parallel noch eine Garantie des Herstellers greift.

Grundsätzlich haben Sie also einen Gewährleistungsanspruch nach dem BGB. Die Gewährleistungszeit dauert 2 Jahre. Sie müssen diese dem Händler gegenüber geltend machen. Nach 6 Monaten erfolgt eine Beweislastumkehr. Bis dahin wird bei einer Fehlfunktion der Ware ein Herstellungsfehler als nahezu sicher angenommen. Nach 6 Monaten muss der Kunde den Beweis antreten, dass er den Schaden nicht verursacht hat.

Wir treffen es im Handel immer wieder an, dass sich Händler auf die Bestimmungen der Garantiebedingungen berufen. Diese können kürzere und härtere Bedingungen für den Kunden enthalten, aber sie dürfen niemals die gesetzlich zustehenden Rechte einschränken. Das heißt, die 2-jährige Gewährleistung steht Ihnen in jedem Fall zu, egal wie die Garantiebedingungen lauten.

Wir sind der Meinung, dass Sie unbedingt den Rat einer Verbraucherzentrale oder eines Fachanwaltes einholen sollten.
Unabhängig davon, wann die Garantiezeit nach Meinung des Hörakustikers begonnen hat, gilt die viel stärkere Gewährleistung ab dem Tag, an dem Sie das Produkt gekauft haben.

Nochmals der Hinweis: Wir sind Fachjournalisten und geben unseren Rat aufgrund der Fach- und Lebenserfahrung. Beachten Sie den nachfolgenden Hinweis.

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Hinweis:

Dieser Text dient journalistischer Information und gibt nur persönliche Meinung und Erfahrungen wieder. Vor Entscheidungen in Rechts-, Steuer- und Medizinfragen bitte immer eine Fachperson fragen. Fragen Sie immer einen Arzt, Apotheker, Anwalt oder Steuerberater. Das ist günstiger als Sie denken. Verlassen Sie sich nie auf Wissen, das Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!

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Hörgeräte-Info.net

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Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 25. August 2019 | Revision: 22. April 2024

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