Schwerhörigkeit: Was gegen einen frühen Hörverlust helfen kann
Jung und schwerhörig – das kommt immer häufiger vor. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass aktuell über eine Milliarde junger Erwachsener weltweit gefährdet ist, einen dauerhaften, aber eigentlich doch vermeidbaren Hörverlust zu erleiden. Einer der Gründe dafür ist der schon bei Kindern, Teens und Twens anhaltende Trend zum Hören lauter Musik und anderer Geräuschuntermalungen. „Vielen Jugendlichen ist zumeist gar nicht bewusst, dass sie schon früh einen irreparablen Hörverlust riskieren, wenn sie beispielsweise die Lautstärke beim Musikhören über ihre Kopfhörer über längere Zeiträume immer wieder voll aufdrehen“, sagt Marianne Frickel, Präsidentin der Bundesinnung der Hörakustiker (biha). Ein paar einfache Tipps können helfen, das Gehör zu schonen und den Hörgenuss lange und bestmöglich zu erhalten.
Kopfhörer: schalldicht besser als im Ohr
Chatten, Streaming, Gaming zu jeder Zeit, überall, auch von unterwegs – das geht zumeist ganz einfach über Kopfhörer. Fast jeder hat sie, gerade bei Jugendlichen sind sie beliebt, viele wollen gar nicht mehr ohne sie. Doch nicht alle wissen: Die ständige Nutzung von Kopfhörern kann auch Risiken bergen. „Gerade bei In-Ear-Kopfhörern kann eine Dauerbeschallung zum Problem werden und das empfindliche Gehör unwiderruflich schädigen. Denn diese sitzen in der Ohrmuschel und leiten den Schall direkt ins Innenohr“, erklärt Marianne Frickel. Dort liegen die feinen Hörsinneszellen, die durch große Lautstärken Schaden nehmen können. Zudem lassen In-Ear-Kopfhörer mehr Umgebungsgeräusche durch, die das Klangerlebnis negativ beeinträchtigen. Viele Nutzer neigen darum dazu, die Lautstärke zu stark zu erhöhen. Hörakustikerinnen und Hörakustiker raten, möglichst oft auf Kopfhörer zu verzichten. Wer das nicht will oder kann, sollte schalldichte Kopfhörer einsetzen, die den Umgebungslärm abschirmen und ungestörten Klanggenuss bei geringer Lautstärke ermöglichen.
Lautstärke und Beschallungsdauer: weniger ist mehr
Lärm ist eine häufige Ursache für Hörschädigungen in jungen Jahren. Bereits bei Lautstärken ab 85 Dezibel kann das Gehör bei intensiver lang anhaltender Beschallung leiden. Darum sollte gerade beim Einsatz von Kopfhörern diese Dezibel-Zahl nicht längere Zeit überschritten werden. Die Einschätzung, was zu laut ist, fällt allerdings mitunter schwer. „Hören ist immer auch subjektiv. Eine Kreissäge wird als unangenehm empfunden – die Lieblingsband in gleicher Lautstärke dagegen als angenehm“, führt Marianne Frickel als Beispiel auf, das viele kennen dürften. Ein Dezibel-Messer als App kann bei der Einordnung helfen. Hörakustikerinnen und Hörakustiker empfehlen zudem, die sogenannte 60/60-Regel. Dies bedeutet, dass man die Lautstärke nicht bis zum Anschlag dreht, sondern nur auf maximal 60 Prozent. Und dies auch nur für 60 Minuten. Danach sollte dem Gehör eine Pause gegönnt werden. Denn Ohren sind immer auf Empfang. Darum ist es wichtig, sie nicht permanent mit einem hohen Lärmpegel und großer Geräuschkulisse zu fordern. Das Hören von Musik über Kopfhörer beispielsweise, ist für das Gehör intensive Arbeit. Darum ist es wichtig, Pausen einzulegen und die Beschallung zu unterbrechen. Wer die Kopfhörer öfter mal absetzt, entlastet nicht nur sein Gehör, sondern senkt auch seinen allgemeinen Stress-Level.
Gehörschutz: no risk just fun
Alltagslärm aus dem Weg zu gehen, ist oft schwierig. Wer das Quietschen der einfahrenden Bahn oder das Knattern vom Rasenmäher einfach mit der vollen Musikdröhnung über Kopfhörer übertönt, tut seinem Gehör aber auch nichts Gutes. Hörakustikerinnen und Hörakustiker raten zu Gehörschutz, wenn es laut wird. Diesen gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Einfache Versionen aus Schaumstoff, umgangssprachlich oft „Ohrstöpsel“ genannt, können Lärm um etwa 20 Dezibel dämpfen, wenn sie richtig und tief genug im Gehörgang sitzen. Sicher, immer wieder einsetzbar und angenehmer im Ohr ist der individuell angepasste Gehörschutz. Dieser wird vom Hörakustiker nach einem Ohrabdruck maßgefertigt, sitzt daher passgenau im Gehörgang und schließt diesen zuverlässig ab. Die besonderen Filter, die darin eingesetzt werden und je nach Bedarf unterschiedlich stark sein können, lassen menschliche Stimmen klar verständlich durch, so dass weiterhin Unterhaltungen auch in lauten Umgebungen möglich bleiben. Individueller Gehörschutz ist darum auch eine gute Option für alle, die es in Zukunft wieder einmal bei Open-Air-Konzerten oder Partys unter freiem Himmel krachen lassen wollen, ohne ihr Gehör zu gefährden.
Hörtest: lieber früher als später
Der regelmäßige Check des Gehörs ist ein wichtiger Schritt, um einen beginnenden Hörverlust frühzeitig zu erkennen und zu versorgen. „Schwerhörigkeit wird in Deutschland durchschnittlich zehn Jahre zu spät behandelt“, sagt Hörakustiker-Meisterin Marianne Frickel. Denn die wenigstens Menschen können ihr Gehör objektiv einschätzen. Es ist daher wichtig, auf erste Anzeichen eines Hörverlustes zu achten sowie auf sein Umfeld zu hören und entsprechend zu reagieren. Eine Hörschädigung wird nicht von selbst wieder besser, sondern ein Hörverlust schreitet zumeist schleichend voran. Hörakustikerinnen und Hörakustiker führen einen in der Regel kostenlosen Hörtest durch und beraten umfassend zum Thema Hören. Als systemrelevantes Gesundheitshandwerk mit umfassendem Hygienekonzept können Hörakustiker auch in Pandemie- und Lockdown-Zeiten öffnen, um Menschen mit Hörproblemen professionell und zuverlässig zu versorgen.
Hintergrund zum Hörakustiker-Handwerk
In Deutschland gibt es etwa 5,4 Millionen Menschen mit einer indizierten Schwerhörigkeit. Schwerhörigkeit zählt zu den zehn häufigsten gesundheitlichen Problemen. Mit über 6.800 Hörakustiker-Betrieben und ca. 15.000 Hörakustikern versorgt das Hörakustiker-Handwerk bereits ca. 3,7 Millionen Menschen in Deutschland mit modernsten Hörsystemen. Die Bundesinnung der Hörakustiker (biha) KdöR vertritt die Interessen der Hörakustiker in Deutschland.
Die Versorgungsqualität im Bereich von Hörsystemen ist in Deutschland sehr gut, das bestätigt die größte jemals von gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) durchgeführte Versichertenbefragung zur Hörsystemversorgung in Deutschland. Rund 90 Prozent der Versicherten waren „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ mit der individuellen Versorgungssituation. Und das unabhängig davon, ob der Versicherte eine mehrkostenfreie Versorgung gewählt oder eine private Zuzahlung geleistet hat.
Neben der Erstversorgung des Kunden ist der Hörakustiker auch für die begleitende Feinanpassung mit wiederholten Überprüfungen und Nachstellungen der Hörsystemfunktionen u.v.m. zuständig. Er berät zu Gehörschutz, Tinnitus und allem rund ums Hören.
Pressemitteilung biha
Michael Skwarciak, M.A. (biha), skwarciak@biha.de
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