Hallo,
meine Mutter (87, sehr schwerhörig ) hat ihr erstes Hörgerät getestet. Leider ist ihr bei einem die Batterie herausgefallen. Wir haben sie wieder eingesetzt, allerdings wohl falsch herum. Beim Hörgeräteakustiker hieß es, das Hörgerät sei defekt, weil die Batterie falsch eingesetzt wurde (die falsche Seite war oben), man könne es nicht mehr reparieren.
Leider wurde keine Beschreibung oder Erklärung mitgegeben, wie ein Batteriewechsel durchzuführen ist, lediglich zwei Ersatzbatterien zum Wechseln.
Ist dies ein Normalfall ? Sind alle Hörgeräte so empfindlich ? Woher soll man als Laie wissen, was zu beachten ist ? Ich gehe davon aus, dass meine Mutter das Gerät voll bezahlen muss.
Was sollte sie tun ?
Vielen Dank
G.
Man kann einer 87-jährigen Person, die sich in allgemeiner altersgemäßer Verfassung befindet, nicht einfach ein Hörgerät mitgeben, ohne eine ausführlich Erklärung und Einführung geleistet zu haben.
Zu den Hörgeräten gibt es Bedienungsanleitungen der Hersteller. Diese erklären vor allem diese grundlegenden Dinge, wie den Batteriewechsel.
Selbst wenn eine Einführung gegeben und die Anleitung ausgehändigt wurde, kommt es immer mal wieder vor, dass der Test-Kunde etwas falsch macht.
Zu den häufigsten Fehlern gehört der Klassiker: Die verkehrt herum eingelegte Batterie.
Typischerweise sollte sich das Batteriefach dann nicht schließen lassen. Mit etwas Kraft geht das aber trotzdem. Dann ist das Malheur da. Das Fach lässt sich meist nicht mehr öffnen und aufgrund der falsch herum eingelegten Batterie funktioniert das Hörgerät nicht.
Ein Akustiker kann hier schnell Abhilfe schaffen.
Durch die falsch eingesetzte Batterie können zwei Dinge passieren.
Entweder werden die Kontakte im Hörgerät verbogen oder das Batteriefach ist kaputtgegangen.
Dass ein Hörgerät durch eine falsch eingesetzte Batterie unzerstörbar kaputt gehen kann, haben wir hier noch nicht gehört.
Auf jeden Fall sollte das Hörgerät reparierbar sein.
Jeder halbwegs vernünftige Hörakustiker wird darüber weiter kein Wort verlieren. Er wird in den sauren Apfel beißen und das Gerät entweder reparieren oder gleich austauschen.
Schon allein um die Kundin nicht zu verprellen wird er entweder gar nichts oder eine kleine Gebühr dafür verlangen.
In den allermeisten Fällen handelt es sich bei den Geräten, die Kunden zur Ausprobe überlassen werden, um sogenannte Demo-Geräte. Das steht auch meistens auf den Geräten drauf.
Diese bekommen die Hörakustiker für einen kleinen Betrag oder sogar gratis überlassen.
Rein rechtlich ist es natürlich so, dass Ihre Frau Mutter ein Gerät ausgeliehen hat. Sie muss das ausgeliehene Gerät in ordnungsgemäßem Zustand wieder zurückgeben.
Wurde das Gerät beschädigt, muss sie Schadensersatz leisten.
Hier sind aber mehrere Dinge zu berücksichtigen:
1. Der Geschädigte muss seinen Schaden beweisen. Das bedeutet, der Hörakustiker muss darlegen, welcher Schaden ihm tatsächlich entstanden ist.
2. Ein Schadensersatz in Höhe des vollen VK-Preises kommt unserer Meinung nach nicht in Frage, sondern höchstens der Sachwert in Form des EK-Preises. Denn es ist ja kein wertvolles Einzelstück, sondern eine jederzeit wiederbeschaffbare Sache. Ein anderer Schaden als der Einkaufswert ist dem Hörakustiker ja nicht entstanden. Einen entgangenen Gewinn gibt es nicht, da der anschließende Hörgeräteverkauf an Ihre Mutter ja noch erfolgen wird.
3. Sollte es sich um ein Gratis-Gerät vom Hersteller handeln, so müsste der Hörakustiker nachweisen, dass er für dieses Gerät etwas bezahlen müsste. Ein Warenmuster hat natürlich auch einen gewissen Wert. Wenn es aber so ist, dass der Hörakustiker keinen Schaden hat, wäre der Geschädigte die Herstellerfirma des Hörgeräts. Dort wäre aber der Wert des Gerätes noch geringer, weil ja auch die Firma durch einen Verkauf an den Hörakustiker noch verdienen müsste.
Aber wir sind keine Anwälte. Jedoch meinen wir, dass ein kompletter Schadensersatz nicht in Frage kommt.
Fragen Sie im Zweifelsfall unbedingt einen Anwalt. Auch ein Anruf bei der Krankenkasse kann hilfreich sein.
Zu Ihren abschließenden Fragen:
Ja, so empfindlich sind alle Hörgeräte. Es sind winzige Hochleistungscomputer, die das Hören ermöglichen.
Zwar sind sie leicht zu bedienen, macht man aber etwas falsch, kann das u.U. schwerwiegende Folgen haben.
Deshalb sollte ein Hörgerät niemals ohne ausführliche Erklärungsstunde abgegeben werden. Im Rahmen dieser Erklärung sollte der Kunde wenigstens einmal den Batteriewechsel geübt haben.
Sie können den vorgekommenen Fehler vermeiden, indem Sie die Batterie mitsamt der aufgeklebten Lasche ins Hörgerät einsetzen. Dann ist die Seite mit der Lasche immer oben.
Danach die Lasche abziehen, 10 Sekunden warten und dann das Fach vorsichtig zudrücken. Funktioniert das nicht auf Anhieb, sollte man zuerst kontrollieren, ob die Batterie richtig herum eingelegt wurde.
Fällt die Batterie einmal heraus, dann ist es bei älteren Personen ratsam, lieber eine neue Batterie mit der oben beschriebenen Laschen-Methode einzusetzen, als die alte nochmals zu verwenden.
Sie vergeuden zwar eine Batterie, aber es ist dann das korrekte Einsetzen sichergestellt.
Langer Rede kurzer Sinn:
Im Normalfall sollte das Hörgerät reparierbar sein.
Eigentlich dürften kaum oder gar keine Kosten entstehen.
Seinen Schaden beweisen muss der Hörakustiker.
Wenn das alles so war, wie Sie schreiben, und vor allem wenn tatsächlich keine Beratung/Einführung stattgefunden hat, und wenn der Hörakustiker dann auch noch einen hohen Betrag von Ihnen will: Suchen Sie sich einen anderen Hörakustiker!
Hinweis: Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!
© Wilhelm
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