Ist es strafbar, gebrauchte Hörgeräte zu verkaufen? Irgendwann möchte der Hörgeräteträger neue Hörgeräte, sei es, weil sein Hörverlust sich geändert hat oder weil er dem technischen Fortschritt folgen möchte. Es kommt natürlich auch vor, dass Hörgeräteträgerinnen und Hörgeräteträger versterben.
Dann sind die vorherigen Geräte übrig und manch einer denkt darüber nach, sie zu verkaufen. Aber darf man das überhaupt?
Das Internet mit seinen Foren und Frage-Antwort-Seiten ist in dieser Frage keine gute Informationsquelle, denn ganz gleich wo man nachschaut, es wird allenthalben nur Blödsinn erzählt.
Es hält sich hartnäckig das Gerücht, es sei entweder Sozialbetrug oder aber sowieso gesetzlich verboten, wenn man nicht mehr benötigte Hörgeräte anschließend weiterverkauft. Wir klären auf und sagen Ihnen, wie das wirklich ist.
1. Sozialbetrug? Wieso?
Erstaunlicherweise kommen manche Leute auf die Idee, im Internet nicht in den Foren oder auf den Plattformen Fragen zu stellen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Stattdessen schreiben die Leute ihre Fachfragen in das Forum hinein, in dem sie auch ansonsten viel unterwegs sind.
So las ich neulich folgende Frage in einem Forum, das sich mit Pferdefutter beschäftigt:
Fangen wir mit dem Märchen vom Betrug an.
Ein Betrug wäre es, wenn eine Person sich von der Krankenkasse Leistungen erschleicht oder Prothesen o.ä. bezahlen lässt, in der Absicht, diese weiterzuverkaufen.
Die Hörgeräte sind aber in diesem Fall Eigentum Ihres Vaters. Auch wenn die Kasse einen Teil der Kosten oder die vollen Kosten übernommen hat, so gehören die Geräte dem Versicherten.
Nach dem Ableben gehen sie üblicherweise in das Eigentum der Erben über.
Diese können damit nun machen, was sie wollen.
Einem Verkauf, etwa über eine Kleinanzeige, steht also nichts entgegen.
Und das ist in meinen Augen auch immer noch besser, als die Geräte einfach wegzuwerfen.
Sie können auch mal bei karitativen Einrichtungen fragen, ob dort nicht Bedarf an solchen Hörgeräten ist.
2. Angeblich per Gesetz verboten
Manche Stellen weisen gerne darauf hin, dass es gesetzlich verboten sei, Hörgeräte weiterzuverkaufen.
Dabei stützen sich diese Stellen auf zwei Punkte. Der erste Punkt sei das „Medizinproduktegesetz“ und der zweite Punkt sind erstaunlicherweise die Geschäftsbedingungen von EBAY und KLEINANZEIGEN, die den Handel mit med. Hilfsmitteln ausschließen.
Werfen wir zuerst einen Blick in das „Medizinproduktegesetz“:
Das Gesetz macht im Einleitungssatz dieses Abschnitts klar, dass es egal ist, ob man die Geräte kostenlos oder gegen Bezahlung abgibt.
In Satz 2 wird klargestellt, dass sich das Gesetz nur auf den Europäischen Wirtschaftsraum bezieht.
Dann gibt es in Satz 3 Einschränkungen, wann es sich NICHT um ein Inverkehrbringen handelt. Die Sätze a) und b) sind hier nicht von Belang. Aber Satz c) sagt klar aus, dass die erneute Abgabe an andere nach der Inbetriebnahme NICHT von diesem Abschnitt erfasst wird.
Wenn man natürlich ein gebrauchtes Hörgerät so aufarbeitet, dass es wie ein neues ist, gilt das nicht mehr. Aber uns geht es ja um die Abgabe von gebrauchten Hörgeräten ohne Veränderung.
Und wenn ein Medizinprodukt wesentlich verändert wurde, darf man es auch nicht abgeben. Das könnte z.B. der Fall sein, wenn man größere klinische Geräte umbaut und um wesentliche Funktionen erweitert. Es ist klar, dass der Gesetzgeber hier strenge Maßstäbe anlegt, denn hier wird ja u.U. aus einem Gerät etwas ganz anders gemacht, das keiner Überprüfung unterzogen wurde.
Aber für uns ist wichtig: Wenn Sie ein Hörgerät besitzen und es verwendet haben, dann dürfen Sie es selbstverständlich entgeltlich oder kostenlos an andere abgeben.
Sinnvoll oder nicht?
Berücksichtigen Sie aber, dass die Technik ständig voranschreitet. Was heute noch hochmodern ist, ist morgen schon veralteter Kram.
Und was gestern hochmodern und teuer war, das ist heute schon „Käse von gestern“.
Da Hörgeräte in vielen Fällen etwa alle 6 Jahre ersetzt werden, sind sie nach Ablauf dieser Zeit auch nicht mehr up-to-date.
Inzwischen sind neue Geräte herausgekommen und die Mittelklasse– und Oberklassemodelle von gestern sind die zuzahlungsfreien Geräte von heute.
Mit anderen Worten, wer sich heute auf Kleinanzeigenportalen im Netz für immer noch viel Geld ein Paar gebrauchte Hörgeräte kauft, der bekäme vergleichbare vielleicht auch schon neu und ohne Zuzahlung beim Hörgeräteakustiker.
Immerhin sind die ältesten Geräte, die Sie jetzt von Ihrem Vater haben, wahrscheinlich schon 18 Jahre alt.
Damit machen Sie allerhöchstens in einem Entwicklungsland jemandem eine Freude.
Denken Sie hierbei einfach nur an die Innovationszyklen bei Handys. Wer wollte heute noch einen alten Motorola-Knochen?
Hinweis:
Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger, als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!
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