Da haben auch wir etwas verwundert geschaut. Eine Hörgeräteträgerin erscheint mit völlig verrückt eingestellten Hörgeräten und beklagt sich über Rauschen, Rückkopplungen und eine viel zu große Verstärkung. Verwunderlich, denn wir hatten der Frau die Hörgeräte erst vor ihrem Winterurlaub noch einmal „frisch“ eingestellt.
Die erste Sichtüberprüfung ergab, dass die falschen Cerumenfilter montiert waren.
Es gibt ja einerseits diese Filter, die mit einem Stift ausgetauscht werden:
und neuerdings auch diese, die in einer Disk angeboten werden und die ohne weitere Hilfsmittel ausgetauscht werden können:
In diesem Fall handelt es sich um Phonak MARVEL-Hörgeräte und jemand hatte die falschen, also die Cerumenfilter mit Stift, in die Ex-Hörer „geprömpelt“.
Das konnten wir schnell beheben.
Dann wandten wir uns der Einstellung der Hörgeräte zu.
Bevor der Hörakustikermeister daran ging, fragte ich die Frau: „Hand aufs Herz! Wer hat denn die Dinger so verrückt eingestellt?“
Was sie mir dann erzählte, grenzt an Scharlatanerie.
Von Ihrem Winterurlaub zurückkommend haben sie und ihr Mann noch einen Zwischenstopp im Schwarzwald eingelegt. Dort kauft das Ehepaar traditionell ein paar Flaschen Schnaps und einen guten Schwarzwälder Schinken. Dafür bleiben die Leute dann 2 Tage in einer Pension.
Dort lernten sie einen Hörakustiker kennen, der ihnen eine ganz neue Methode zur Anpassung der Hörgeräte nahelegte.
Dabei würden das genaue Geburtsdatum und die genaue Uhrzeit zugrunde gelegt. Aus diesen Daten und dem Geburtsort könne er einen atrologischen Zeitstrahl (oder so) errechnen, und dann die Hörgeräte dem persönlichen Horoskop entsprechend einstellen.
Da das ganze nur 50 Euro pro Ohr kosten sollte, ließ die Frau den angeblichen Experten an ihre Hörgeräte heran.
So auf das erste Hören sei sie ganz zufrieden gewesen: „Aber das ist immer so, wenn ich beim Akustiker sitze, da klingt alles immer toll.“
Im Nachhinein habe sie dann aber gemerkt, dass der Schwarzwälder Scharlatan ihre Geräte mehr vermurkst, als gut eingestellt hatte.
Wir sind der Sache nachgegangen. Es war nicht schwer, den Mann anhand seines Namens zu finden. Am Telefon gestaltete sich die Kommunikation, sagen wir es mal so, etwas umständlich.
Soviel ich in Erfahrung bringen konnte, behauptet der Mann ausdrücklich nicht, ausgebildeter Hörakustiker zu sein.
Er nennt ich selbst Ohren-Therapeut und verweist stets schon im ersten Satz auf seine ganzheitliche, esoterische Ausrichtung.
Üblicherweise behandele er Schwerhörigkeit mit Bachblüten, Schüsslersalzen und frischem Quellwasser.
Von seinen nicht schulmedizinischen Erkenntnissen vollkommen überzeugt, redet der Mann wie ein Wasserfall und macht aber einen sehr sympathischen und freundlichen Eindruck. Hörgeräte-Feineinstellungen mache er im Laden eines befreundeten Hörakustikers.
Nun ja. Was soll man dazu sagen?
Die 50 Euro pro Gerät seien ihm freiwillig geschenkt worden, das bestätigt dann so in etwa auch die betroffene Kundin.
Es ist auch nicht verboten, dass Laien Einstellungen an Hörgeräte vornehmen.
Und „Ohren-Therapeut“ ist kein geschützter Begriff.
Dennoch möchten wir eindringlich davor warnen, sich Hörgeräte bei jemand anders einstellen zu lassen, als bei einem richtigen Hörgeräteexperten.
Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, dass das persönliche Sternzeichen oder die Stunde der Geburt auch nur den geringsten Einfluss auf das Hörvermögen hat. Infolgedessen ist es auch Schwachsinn, Hörgeräte aufgrund astrologischer Erkenntnisse einstellen zu wollen.
Unser Hörakustikmeister meint:
„Nur wenn Sie nachts beim Betrachten der Sterne die Stimme der Mutter Gottes in ihrem Kopf hören, könnte das was für Sie sein.“
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Astrologie, Hörgeräte nicht nach dem Horoskop einstellen!, Horoskop