Wie oft neue Hörgeräte?: Wie oft bekomme ich denn nun neue Hörgeräte? Die einen sagen nach sechs Jahren, aber die Kasse sagt nach neun Jahren.
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Das Thema „neun Jahre“ sorgt immer wieder für Verwirrung, und es scheint, als würde Ihr Hörakustiker hier eine verkürzte oder missverständliche Erklärung abgegeben haben. Lassen Sie mich die Sachlage klären und Ihnen eine detaillierte Übersicht geben.
Wie oft neue Hörgeräte?: Reguläre Versorgungsintervalle
Die Standardregelung für gesetzlich Versicherte in Deutschland sieht vor, dass die Kostenübernahme für neue Hörgeräte in der Regel alle sechs Jahre erfolgt. Dieser Zeitraum wurde eingeführt, da Hörgeräte etwa so lange technisch auf einem guten Stand bleiben und die Bedürfnisse der Nutzer decken können. Nach Ablauf dieser sechs Jahre können neue Hörgeräte beantragt werden, ohne dass eine Verordnung durch einen HNO-Arzt erforderlich ist. Ihr Hörakustiker reicht in diesem Fall einen Kostenvoranschlag direkt bei der Krankenkasse ein.
Vorzeitige Versorgung vor Ablauf von sechs Jahren
Es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten, neue Hörgeräte vor Ablauf der sechs Jahre zu erhalten, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind:
1. Hörverschlechterung: Wenn Ihr Hörvermögen sich erheblich verschlechtert hat und die aktuellen Hörgeräte nicht mehr ausreichend sind, kann Ihr HNO-Arzt eine neue Verordnung ausstellen.
2. Technische Defekte: Wenn Ihre Hörgeräte irreparabel beschädigt sind oder die Reparatur unwirtschaftlich wäre, kann dies ebenfalls ein Grund sein.
3. Deutliche Verbesserung: Sollte ein Hörakustiker nachweisen können, dass Sie mit neuen Geräten wesentlich besser hören und Sprache verstehen, kann das auch vor Ablauf der sechs Jahre eine Genehmigung rechtfertigen.
In jedem dieser Fälle müssen die Notwendigkeit und der Nutzen für neue Hörgeräte durch eine ärztliche Verordnung und/oder eine Testung beim Hörakustiker dokumentiert werden.
Die „neun Jahre“-Regelung
Die Angabe „neun Jahre“ beruht wahrscheinlich auf einer Fehlinterpretation der Reparaturpauschalen, die Krankenkassen für ältere Geräte zahlen. Folgendes passiert:
• Nach den ersten sechs Jahren erhöht sich die Reparaturpauschale jährlich, da ältere Geräte naturgemäß anfälliger für Defekte werden.
• Diese Pauschalen sind gestaffelt: Für das siebte Jahr gibt es eine Basispauschale, die im achten Jahr höher ausfällt, und ab dem neunten Jahr erreicht sie ihren Höchstwert.
• Manche Hörakustiker interpretieren dies fälschlicherweise als Regel, dass eine neue Versorgung erst nach neun Jahren erfolgen könnte – das ist jedoch nicht korrekt.
Was Sie tun können
1. Prüfen Sie Ihre Optionen: Wenn Ihre Hörgeräte häufig defekt sind, sollten Sie mit Ihrem Hörakustiker eine Bewertung vornehmen lassen, ob eine Reparatur noch sinnvoll ist. Wenn nicht, sollte er gemeinsam mit Ihnen eine Begründung für neue Geräte erstellen.
2. HNO-Arzt einschalten: Lassen Sie Ihr Hörvermögen überprüfen. Sollte sich Ihr Hörverlust verschlechtert haben, kann eine neue Verordnung sinnvoll sein.
3. Kostenvoranschlag einreichen: Nach sechs Jahren können Sie auch ohne HNO-Verordnung einen Kostenvoranschlag für neue Hörgeräte einreichen. Ihr Hörakustiker kennt die genauen Abläufe.
Technische Neuerungen bei Kassengeräten
Es lohnt sich, zu wissen, dass die Anforderungen an zuzahlungsfreie Hörgeräte in den letzten Jahren gestiegen sind. Moderne Kassengeräte bieten jetzt mindestens sechs Kanäle (früher waren es oft nur vier), was die Klangqualität und Sprachverständlichkeit erheblich verbessert. Auch technische Extras wie Rückkopplungsunterdrückung und Störgeräuschfilter sind heute Standard.
Wenn Sie sich für neue Geräte entscheiden, sollten Sie auch testen, ob ein Kassengerät Ihren Bedürfnissen genügt. Viele Nutzer sind überrascht, wie viel sich in der Technik getan hat, und können mit diesen Geräten gut zurechtkommen.
Technische Finessen berechtigen nicht zum Hörgeräte-Bezug
Die Hörgerätebranche bringt immer wieder Neuheiten auf den Markt. Auch wenn vieles davon nur Marketing-Blabla ist, kommen doch alle paar Jahre tatsächlich tolle neue Sachen.
Aber nur weil Hörgeräte neue technische Möglichkeiten bieten, die sie komfortabler machen, berechtigt das nicht dazu, neue Hörgeräte von der Kasse zu bekommen.
Medizinische Notwendigkeit
Andersherum bedeutet das aber auch, dass bei einer drastischen Verschlechterung des Hörvermögens und nachgewiesener medizinischer Notwendigkeit auch völlig unabhängig von Fristen neue Hörgeräte beantragt werden können.
Wollen die Krankenkassen keine neuen Hörgeräte bezahlen?
Ja und nein: Die Antwort darauf ist nicht ganz eindeutig – sowohl ja als auch nein. Es lohnt sich jedoch, die Hintergründe zu betrachten und die Beweggründe der Krankenkassen zu verstehen.
Zunächst einmal ist die Versorgung mit Hörgeräten in Deutschland auf einem bemerkenswert hohen Niveau. Im internationalen Vergleich haben wir hierzulande eine der besten Unterstützungen für schwerhörige Menschen. In vielen anderen Ländern, wie etwa den USA, müssen Betroffene tief in die eigene Tasche greifen. Dort sind Kosten von 10.000 bis 12.000 US-Dollar für die Behandlung, Anpassung und die Geräte selbst keine Seltenheit.
Diese gute Versorgung in Deutschland bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Ein häufiges Phänomen ist, dass einige Schwerhörige sich regelmäßig neue Hörgeräte verschreiben lassen, obwohl die vorhandenen Geräte noch völlig ausreichend wären. Der Gedanke „Das steht mir zu, also nehme ich es“ führt in manchen Fällen dazu, dass Hörgeräte ungenutzt in Schubladen landen. Diese Praxis belastet die Finanzreserven der Krankenkassen erheblich, da Millionen von Euro für unnötige Anschaffungen ausgegeben werden.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben die Krankenkassen strenge Regelungen eingeführt. Diese sollen sicherstellen, dass neue Hörgeräte nur dann bewilligt werden, wenn ein tatsächlicher Bedarf besteht. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass notwendige neue Hörgeräte verweigert werden. Wenn ein Patient nachweislich eine neue Versorgung benötigt – beispielsweise aufgrund einer Verschlechterung des Hörvermögens oder technischer Defekte –, wird dies weiterhin unterstützt.
Die Regelungen zielen darauf ab, eine sinnvolle und bedarfsgerechte Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten. Weitere Informationen zu den aktuellen Bestimmungen finden Sie in den Hinweisen des Sozialverbands VdK am Ende dieses Artikels.
Wie oft neue Hörgeräte?: Fazit
Auf die Frage „Wie oft neue Hörgeräte?“ hat Ihnen Ihr Hörakustiker vermutlich eine verkürzte oder missverständliche Erklärung abgegeben. Eine Versorgung alle neun Jahre ist nicht die Regel, und es gibt klare Richtlinien, wann neue Geräte auch früher bewilligt werden können. Sprechen Sie offen mit Ihrem Hörakustiker und Ihrem HNO-Arzt über Ihre Situation, um die bestmögliche Lösung für Ihre Bedürfnisse zu finden.
Die Krankenkassen übernehmen für ihre Versicherten die Kosten einer medizinisch notwendigen Hörgeräteversorgung ohne Kostenbeschränkung. Allerdings haben die Krankenkassen mit den Hörakustikern Verträge geschlossen, nach denen die Hörakustiker den Kunden auch Hörgeräte zeigen müssen, für die keine Zuzahlung geleistet werden muss. (Es fallen lediglich 10 Euro pro Hörgerät an „Rezeptgebühr“ als Eigenanteil an.)
Außerdem legen die Hörakustiker ihren Kunden eine Mehrkostenerklärung vor, die man unterschreiben soll. Damit erklärt man, dass man sich für zuzahlungspflichtige und teurere Hörgeräte entscheiden möchte und die von der Kasse zum Nulltarif angebotenen Hörgeräte nicht will. In diesem Fall zahlt die Krankenkasse dann nur einen Zuschuss von grob 750 Euro pro Hörgerät. Den Rest (oft viele tausend Euro) muss der Kunde selbst bezahlen.
Damit muss sich aber niemand zufriedengeben. Zwar ist die Abwicklung hinsichtlich der Kostenübernahme für Nulltarifgeräte und Hörgeräte, bei denen Sie den Restpreis selbst bezahlen, viel einfacher und reibungsloser, aber dennoch haben Sie u.U. einen Anspruch gegen Ihre Krankenkasse (oder auch den Rententräger) auf Übernahme von teureren und leistungsfähigeren Hörgeräten.
Dieser Anspruch muss medizinisch begründbar sein und vor dem Kauf bei der Krankenkasse beantragt werden. Im Ablehnungsfall hat man dann die Möglichkeit zum Widerspruch und letztlich zur Klage vor dem Sozialgericht. Die Gerichte entscheiden oft für die Versicherten.
Mehr Informationen erhalten Sie beispielsweise beim Sozialverband VdK und bei den Verbraucherzentralen.
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