Ein Leser von hoergeraete-info.net schreibt uns und singt sein Klagelied über seine Mitmenschen. Diesen interessanten „offenen Brief“ veröffentlichen wir gerne:
Ich muss mir mal Luft machen. Seit einem halben Jahr bin ich (46) mit zwei Hörgeräten versorgt. Mittelgradige Schwerhörigkeit im Hochtonbereich.
Bekommen habe ich 2 ultrakleine Widex-Hörgeräte. Nach einer Eingewöhnungszeit von rund 8 Wochen und 3maligem Feinabstimmen durch den Hörakustiker bin ich im Großen und Ganzen zufrieden mit den Hörgeräten.
Dank Ihrer Seite habe ich meine Erwartungen auch etwas zurückgeschraubt. Man glaubt ja anfangs wirklich, man bekomme ein Wundergerät. Dann ist man erst positiv überrascht, weil man wieder lauter hört und dann kommt die Ernüchterung, weil laut Hören und Sprache verstehen 2 Paar Schuhe sind.
Aber dank Ihren Tipps war ich beim Hörakustiker gut vorbereitet und habe mit ihm das Maximum aus den Geräten herausgeholt.
Nun ärgert mich aber das Verhalten meiner Umwelt. Als ich noch schlecht hörte, hatten sich irgendwie alle darauf eingestellt. Sie wußten ja „Papa hört schlecht“. Sie sprachen lauter, etwas deutlicher und langsamer.
Jetzt habe ich aber Hörgeräte und damit ist für mein Umfeld das Thema durch. Keiner kümmert sich jetzt mehr um meine Behinderung.
Und es ist ja eine Behinderung aufgrund derer ich eine Hörprothese trage.
Keine Prothese der Welt, das habe ich auch hier bei Ihnen gelernt, erfüllt ihren Zweck so gut, wie ein gesundes Körperteil.
Es wird leise gesprochen, zu schnell und geklappert, geraschelt, gepfiffen und alle machen Nebengeräusche.
Meine Frau klappert aus Langeweile beim Sprechen im Café mit einem Espressolöffel. Mein Sohn raschelt aus Nervosität minutenlang mit einem Kaugummipapier. Während ich mich unterhalte, pfeift meine Tochter irgendeinen Song.
Ich habe es denen schon hundert Mal erklärt. Aber keiner begreift, dass die Hörgeräte vor allem Töne im hohen Frequenzbereich verstärken.
Genau in diesem Bereich liegen aber die beschriebenen Geräusche. Die überlagern das Gesprochene und werden auch noch surreal verstärkt.
Knistern und rascheln die zu laut, macht die AGC (automatische Lautstärkenbegrenzung, Anm. d. Red.) einfach zu und ich bin für Sekunden taub.
Ich verstehe jetzt, weshalb Dietmar, ein Bekannter, dicke Kassengeräte trägt, die man wegen des dicken Schallschlauchs und der Vollotoplastiken auch deutlich sieht. Er ist etwas „tauber“ als ich, aber er meint, dass es besser ist, wenn andere deutlich sehen, dass man hörbehindert ist. Dann stellten sich die Leute einfach darauf ein.
Ich plädiere, dass man mehr Aufklärungsarbeit betreibt, damit mehr Menschen wissen, wie man mit Hörgeräteträgern umgehen sollte.
Die modernen Geräte blenden zwar Störgeräusche aus, aber wir alle wissen, dass das in vielen Bereichen noch Augenwischerei ist.
Liegt ein Geräusch vom Muster her sehr nahe bei den Sprachfrequenzen, tun sich die Hörgeräte immer noch schwer.
Ich würde mich freuen, wenn Sie meinen Bericht und meinen Appell veröffentlichen würden.
Bild: geralt / Pixabay
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Ärger, Hörgeräte, rücksicht