Ich bin privat krankenversichert und beihilfeberechtigt. Für den Erwerb von Hörgeräten stehen mir also ausreichende Mittel zur Verfügung. Zunächst war ich bei einem inhabergeführten Hörakustikerladen und wurde gut beraten. Trotzdem hielt ich es für richtig, mir eine zweite Meinung einzuholen und die verschiedenen Hörakustikstudios zu vergleichen. Den Vergleich führte ich bei dem einzigen weiteren Hörgerätegeschäft hier in der Nähe durch. Das ist die Filiale einer Hörakustik-Kette aus Hamburg.
Mir ist gleich unangenehm aufgefallen, dass ich bei dem Filialbetrieb sofort und ausschließlich auf die teuersten verfügbaren Hörgeräte von Signia hingewiesen wurde. Andere und günstigere wurden mir gar nicht vorgestellt. Der Hammer: Schon beim zweiten Besuch sollte ich quasi den Kaufvertrag unterschreiben.
Nun bin ich also bei zwei Hörakustikern „in Behandlung“ und bin etwas orientierungslos. Der erste inhabergeführte Betrieb hat vielleicht vier bis sechs verschiedene Hörgerätemarken und bietet somit nicht die Auswahl. Der andere Betrieb will mich sofort zum Kauf verpflichten.
Außerdem soll ich die Hörgeräte bitte binnen 14 Tagen komplett ausprobiert haben und dann sofort bezahlen.
Noch eine Frage: Der Inhaber des ersten Geschäftes wies mich darauf hin, dass ein richtiges Austesten nur mit Ohrstücken gehen würde. Der zweite Hörakustiker meinte, das würde man heute nicht mehr machen, heutzutage nähmen alle Leute nur noch die Schirmchen.
Was tun?
Bleiben Sie beim ersten, inhabergeführten Hörakustikgeschäft.
Aus dem, was ich Ihrer Zuschrift entnehmen kann, arbeitet dieses Betrieb deutlich kundenorientierter.
Weder die Marke, noch die Ausstattung und auch nicht der Preis eines Hörgeräts sind maßgebend dafür, wie gut Sie am Ende damit zurecht kommen. Man kann niemals sagen, dass die eine oder andere Marke besser ist. Es ist auch Unsinn, zu glauben, mit einem teureren Hörgerät könne man sich gutes Hören erkaufen. Eventuell vorhandene Zusatzfunktionen können im Alltag nützlich sein, sind aber meist nicht die Grundlage für das gute Hören.
Stellen Sie für sich ein Anforderungskatalog zusammen. Möchten Sie drahtlos telefonieren können? Soll das Hörgerät mit extrem schwierigen Hörsituationen umgehen können? Legen Sie Wert auf eine besondere Bauform (z.B. Im-Ohr-Hörgerät)?
Das sind dann, neben der Grundfunktion „gutes Hören“, Ihre Anschaffungskriterien.
Davon ausgehend sollten Sie mit dem preiswertesten Gerät, das diese Wünsche erfüllt, einen Test wagen. Der kann nicht nur ein oder zwei Wochen dauern! Sie sollten wenigstens einen Monat, besser sechs Wochen Probetragen.
Schirmchen aus Silikon sind eine sehr bequeme Art, den Schall ins Ohr zu bekommen. Aus audiologischer Sicht sind sie aber meist kontraproduktiv.
Denn man spricht hier auch von einer offenen Versorgung. Die Schirmchen sind nicht wirklich im Gehörgang fixiert und lassen sehr viel Umgebungsschall durch. Eigentlich sollte aber ein korrekt angepasstes und individuell gefertigtes Ohrstück (Otoplastik) diese Aufgabe übernehmen; nämlich Außengeräusche und Hörgeräteklang sauber voneinander zu trennen. Nur dann können moderne Hörgeräte ihr Können voll und ganz ausspielen.
Nur bei ganz leichten Hörverlusten oder beim vorübergehenden Einsatz können Schirmchen die richtige Wahl sein.
Der Hörakustiker sollte grundsätzlich bereit sein, Ihnen auch eine angemessene Zeit zum Probetragen einzuräumen. Das können einige Wochen oder im Einzelfall auch mal ein paar Monate sein. Der wichtigste Aspekt ist die Überwindung von Anfangsschwierigkeiten und die ausreichende Gewöhnung.
Deshalb ist ein Hörakustiker, der schon nach zwei Wochen zum Kauf drängt, kein guter Hörakustiker!
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