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Hilfsmittelverzeichnis

Hörhilfen sind technische Hilfen, die angeborene oder erworbene Hörfunktionsminderungen, die einer kausalen Therapie nicht zugänglich sind, möglichst weitgehend ausgleichen.

Zu den Voraussetzungen einer Versorgung mit Hörhilfen wird auf den Abschnitt C „Hörhilfen“ der Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in der jeweils geltenden Fassung verwiesen.

Die sachgerechte Hörgeräteversorgung erfolgt grundsätzlich auf der Basis einer vergleichenden Anpassung individuell geeigneter Hörgeräte. Ziel ist ein möglichst weitgehender Ausgleich des Funktionsdefizits, wobei – soweit möglich – ein Sprachverstehen auch bei Umgebungsgeräuschen oder in größeren Personengruppen erreicht werden soll. Der durch die Hörgeräteversorgung erreichte Hörerfolg ist daher auch im Störschall zu dokumentieren.

Hörgeräte dieser Produktgruppe verstärken und modulieren den Schall, das akustische Signal, vor dem eigentlichen Sinnesorgan des Ohres, dem Innenohr. Es stehen verschiedene Bauformen zur Anpassung zur Verfügung, die über Mikrofon, Prozessor und Hörer verfügen.

Luftleitungshörgeräte

Hinter dem Ohr“ (HdO)-Geräte

„Hinter dem Ohr“ (HdO)-Geräte werden derzeit in verschiedenen Arten auf dem Markt angeboten. Dies sind klassische HdO-Geräte mit im Gehäuse integriertem Hörer, konventionellem Schallschlauch, individuell hergestelltem Ohrpassstück (Secret Ear), HdO-Geräte mit Dünnschlauchschallführung oder HdO-Geräte mit außerhalb des Gehäuses liegendem externen (Ex)-Hörer.

Klassische „Hinter dem Ohr“ (HdO)-Geräte werden hinter der Ohrmuschel getragen. Der verstärkte Schall wird über den Hörwinkel, einen Schallschlauch und ein Ohrpassstück (Secret Ear) oder einen „Ex-Hörer“ in den äußeren Gehörgang geleitet.

„Hinter dem Ohr“ (HdO)-Geräte mit “Dünnschlauch“ unterscheiden sich vom klassischen HdO-Gerät darin, dass die Schallschlauchverbindung zum Gehörgang sehr dünn und somit fast unsichtbar ist. Das klassische Ohrpassstück der HdO-Geräte wird durch einen speziellen, vorgebogenen Schlauch mit einem austauschbaren weichen Schirm (Dom, Kuppel oder TIP) ersetzt.

„Hinter dem Ohr“ (HdO)-Geräte mit “Ex-Hörer“ sind ähnlich geformt wie klassische HdO-Geräte, unterscheiden sich von diesen jedoch durch einen aus dem Gehäuse ausgelagerten (externen) Hörer. Dieser befindet sich am Ende einer dünnen Kabelleitung, die anstelle des HdO-Schallschlauchs in den Gehörgang nahe dem Trommelfell führt. Der dort erzeugte Schall legt einen kürzeren Weg mit geringeren Übertragungsverlusten zurück, wofür weniger Schallenergie benötigt wird. Ein weiterer akustischer Vorteil ist, dass im Vergleich zur Schlauchleitung keine Resonanzen und Verzerrungen auftreten. Der „Ex-Hörer“ wird in den meisten Fällen in ein Schirmchen eingesetzt. Diese Hörer (Lautsprecher) werden, je nach Hersteller, mit verschiedenen Leistungsstufen, z.B. als S- (Standard), M- (Medium), P- (Power) und HP- (High Power) Hörer, angeboten, um eine Anwendung für unterschiedliche Hörverluste zu ermöglichen. Es gibt des Weiteren herstellerabhängig die Variante, zusätzlich zum „Ex-Hörer“ auch das Mikrofon im äußeren Gehörgang zu platzieren, welches zwar die physiologisch bessere Schallaufnahme bedeutet, aber mit höherer Rückkopplungsgefahr einhergeht.

Unter Beibehaltung des Mikrofons und des Prozessors im Gehäuse des HdO-Gerätes ist es in der Regel bei der Bauart HdO-Gerät mit „Ex-Hörer“ möglich, lediglich durch das Wechseln des „Ex- Hörers“ die Gesamt-Verstärkungsleistung des Gerätes zu verändern.

„Im Ohr“ (IO)-Geräte

Bei „Im Ohr“ (IO)-Geräten liegen Mikrofon, Prozessor und Hörer in einer Kompakteinheit unterschiedlicher Größe in der Ohrmuschel (Concha-Gerät), halb in der Concha, halb im äußeren Gehörgang (Semi-Concha-Gerät) oder ausschließlich im äußeren Gehörgang (Gehörgangsgerät). Weil der Weg des verstärkten Schalls hier kürzer ist, besitzt das IO-Gerät im Vergleich zum klassischen HdO-Gerät einen höheren Wirkungsgrad.

Bei der Hörgeräteversorgung mit IO-Geräten wird die Funktion der Ohrmuscheln zur frequenzspezifischen Amplitudenverstärkung und richtungsabhängigen Signalaufnahme mitgenutzt. Durch den Verschluss des Gehörgangs können rezidivierende Gehörgangsentzündungen besonders bei dieser Versorgungsart auftreten. Dies ist bei der Auswahl zu berücksichtigen.

Durch die anatomisch bedingten engen Platzverhältnisse im Ohr sind allerdings der technischen Komplexität und der Verstärkerleistung der IO-Geräte Grenzen gesetzt. Sie sind in der Regel nicht für den Einsatz bei hochgradiger oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit geeignet.

Knochenleitungshörgeräte

Bei dem Erfordernis der Signalübertragung per Knochenleitung stehen der Knochenleitungshörbügel und die Knochenleitungshörhilfen mit teilimplantierbaren Schallaufnehmern als Hilfsmittel zur Verfügung.

Knochenleitungshörbügel

Bei Knochenleitungshörbügeln erfolgt die Signalübertragung per Anpressdruck auf die Haut über dem Mastoid. Der Knochenleitungshörbügel wird anstelle des konventionellen Brillenbügels an einer Brillenfassung fixiert. Er kann auch mit einem Stirn- oder Kopfband oder auf eine andere Weise fixiert werden.

Knochenleitungshörhilfen mit teilimplantierbaren Schallaufnehmern

Diese bestehen z.B. aus einem extern getragenen Gehäuse mit Mikrofon, Prozessor, Vibrationserzeuger und entweder einer „hautdurchbohrend“ in den Knochen eingebrachten Titanfixtur oder einer implantierten Magnetkupplung. Der Vorteil der Versorgung mit in den Knochen eingebrachter Titanfixtur liegt in der Umgehung der Weichteildämpfung. Der Vorteil der Versorgung mit einer implantierten Magnetkupplung ist die nicht notwendige permanente Hautpenetration.

Hörgeräte verfügen über folgende Mindestausstattung, um im Allgemeinen ein möglichst weitgehendes Sprachverstehen zu ermöglichen:

Digitale Signalverarbeitung

– Mindestens drei vom Hörakustiker auf den Hörverlust anpassbare, akustisch übertragende Hörprogramme oder automatische Anpassung der akustischen Übertragung an mindestens drei unterschiedliche Hörsituationen basierend auf der Einstellung durch den Hörakustiker an den individuellen Hörverlust (z.B. für das Sprachverstehen in Ruhe, das Sprachverstehen im Umgebungsgeräusch bzw. größeren Personengruppen und das Hören im Störschall)

– Störschall unterdrückende Signalverarbeitung

Rückkopplung unterdrückende Signalverarbeitung

– Verstärkungsleistung für Hörgeräte für schwerhörige Versicherte, ausgenommen für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte >= 25 dB gemäß DIN EN 60118-0:2016-09 und die Anforderungen der Untergruppe 13.20.10 werden nicht erfüllt

– Verstärkungsleistung für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit gemäß Definition WHO-Tabelle 2001 Stufe 4 >= 65dB gemäß DIN EN 60118-0:2016-09 und einem Ausgangsschalldruck von >= 125 dB gemäß DIN EN 60118-0:2016-09.

Signalaufnahme

Die Signalaufnahme am Hörgerät kann unterschiedlich, z.B. über Mikrofon oder aber galvanisch, induktiv oder per Funk erfolgen.

Ohrpassstücke

Ohrpassstücke werden nach einer Ohrabformung individuell angefertigt. Leiden Hörgeräteträger an einer Allergie gegenüber in der Otoplastikfertigung verwendeten Kunststoffmaterialien, kann eine hypoallergene Beschichtung oder ggf. die Verwendung hypoallergener Materialien angezeigt sein. Voraussetzung für die Kostenübernahme einer „antiallergischen“ Beschichtung/Fertigung ist die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung eines Allergologen.

Eine Neuanfertigung des Ohrpassstückes ist bei Erwachsenen in der Regel nach etwa 2 Jahren erforderlich.

Eine Zusatzbohrung in einem Ohrpassstück kann notwendig sein, um für eine Belüftung der Gehörgänge zu sorgen oder um den Frequenzgang zu beeinflussen, wobei dadurch häufig subjektiv die Klangfarbe verändert wird.

Im Rahmen der offenen Versorgung kann der Hörschlauch mit Hilfe eines Silikonrades mit offenen „Speichen“ im Ohr verankert werden. Das Hör- oder Schallschlauchsystem wird industriell hergestellt und besteht aus dem Schlauch und der Kuppel (Dom, Schirm oder TIP).

Zubehör

Als Zubehör ist der Audioanschlusssatz zu nennen, über den es dem Schwerhörigen möglich ist, sein Hörgerät über ein steckbares Eurokabel mit einer zentralen Verstärkungsanlage – z.B. eines Unterrichts- oder Konferenzraumes – zu verbinden.

Drahtlose Übertragungsanlage

Eine drahtlose Übertragungsanlage (z.B. FM-Anlage) besteht aus einem Sendermikrofon und einem an das Hörgerät gekoppelten Empfänger und dient einer Verbesserung des Nutz-/Störschallverhältnisses für den Nutzer.

C.R.O.S.- und Bi-C.R.O.S.-Anschlusssätze

Eine CROS-Versorgung (Contralateral Routing of Signals = Übertragung des Signals von der tauben oder schlechter hörenden Seite auf das besser hörende Ohr) kommt bei hochgradiger Asymmetrie des Gehörs in Betracht, wenn gerätetechnisch die schlechter hörende bzw. taube Seite nicht mehr zielführend versorgbar ist, während auf der Gegenseite Normakusis oder eine noch nicht hörhilfenversorgungspflichtige Schwerhörigkeit vorliegt. Liegen auf dem besser hörenden Ohr die Versorgungsvoraussetzungen für eine Hörhilfenversorgung vor, kann eine Bi-CROS-Versorgung angezeigt sein. Die Signalübertragung ist drahtgebunden oder per Funk möglich. Die CROS- bzw. Bi-CROS-Versorgung verlangt von ihren Trägern eine längere Eingewöhnungszeit.

Hörverstärker/Kinnbügelhörer

Hörverstärker wirken schallverstärkend. Unter dem Kopf hängend werden Empfänger und Verstärker als Geräteeinheit getragen. Ein Kinnbügelhörer kommt in Betracht, wenn eine Versorgung mit HdO-/IO-Geräten nicht zielführend möglich ist.

Implantierbare Hörgeräte, wie z.B. Mittelohrimplantate und Cochlea-Implantate sowie die Kombination von Cochlea-Implantat und Hörgerät (Hybrid/EAS), gelten als Implantate im Sinne der medizinprodukterechtlichen Vorschriften und sind daher nicht Bestandteil dieser Produktgruppe.

Tinnitusgeräte

Tinnitusgeräte, auch als Tinnitusmasker, Noiser etc. bezeichnet, sind akustische Apparate, die ein Rauschen in den Gehörgang abgeben. So soll ein chronisches Ohrgeräusch ganz oder teilweise verdeckt werden, oder es soll durch knapp überschwellig angebotenes Rauschen ein Gewöhnungs-(Habituations-)Prozess an das Ohrgeräusch eingeleitet werden. Tinnitusgeräte werden in zwei unterschiedlichen Varianten angeboten:

– Tinnitusgeräte in HdO- oder IO-Bauform

– Tinnitusgeräte in Kombination mit Hörgeräten (Tinnitus-Instruments)

Energieversorgung

Hörgeräte werden entweder mit Batterien oder aufladbaren Akkuzellen betrieben. Für die (Wieder-) Aufladung der Akkuzellen ist ein Ladegerät erforderlich.

Bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für die Energieversorgung durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit über Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis gemäß § 34 Absatz 4 Satz 1 und 2 SGB V ausgeschlossen.

Gemäß § 34 Absatz 4 Satz 3 SGB V trägt die GKV die Kosten für die Versorgung mit Hörgerätebatterien bei Versicherten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Die apparative Versorgung der Schwerhörigkeit erfolgt nach den jeweils gültigen Vorgaben der Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die dort in Abschnitt C genannten tonaudiometrischen und sprachaudiometrischen Bedingungen sind Mindestvoraussetzungen, die grundsätzlich vorliegen müssen, damit eine Hörhilfenversorgung zu Lasten der GKV erfolgen kann.

Auch bei der Überprüfung des Ergebnisses der Hörhilfenversorgung für Luft- und Knochenleitungshörgeräte sind die jeweils gültigen Anforderungen der Hilfsmittelrichtlinie zu beachten. Eine weitere Voraussetzung ist die Bereitschaft des Versicherten, das Hörgerät auch zu tragen. Der Hörgeräteträger oder eine Bezugsperson muss in der Lage sein, das Hörgerät sachgerecht zu bedienen.

Bildquellen

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Lesezeit ca.: 12 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 18. März 2019 | Peter Wilhelm 18. März 2019

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