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Schlaganfall

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Kategorie: Hörgesundheit

Schlaganfall
Synonyme: Apoplex, Apoplexia cerebri, apoplektischer Insult, zerebrovaskulärer Insult
Englisch: stroke, apoplexy, CVA = cerebro vascular accident

Definition

Als Schlaganfall bezeichnet man die Folge einer in der Regel „schlagartig“ auftretenden Durchblutungsstörung im Gehirn, die zu einem regionalen Mangel an Sauerstoff (O2) und Nährstoffen (Glukose) und damit zu einem Absterben von Gehirngewebe führt.

Epidemiologie

Die Inzidenz des Schlaganfalls beträgt in Deutschland ca. 180/100.000. Nach Herzerkrankungen und Krebsleiden ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und die häufigste Ursache für Langzeitbehinderung.

Ätiologie

Mögliche Ursachen für einen Schlaganfall sind:

Hirninfarkt (ischämischer Infarkt): ca. 80-85% der Fälle, Mangeldurchblutung aufgrund von Gefäßverschlüssen.
Hirnblutung (intrazerebrale Blutung, hämorrhagischer Infarkt): ca. 10-15%: v.a. bei Hypertonie und Arteriosklerose, nach Riss eines arteriellen Blutgefäßes im Gehirn oder nach thrombotischem Verschluss einer Hirnvene oder eines Hirnsinus oder Subarachnoidalblutung bei Ruptur einer Arterie im Subarachnoidalraum.

Hirninfarkt

Zu einem Hirninfarkt kommt es durch Gefäßverschlüsse der versorgenden Hirnarterien und eine daraus resultierende Ischämie des abhängigen Hirngewebes. Im Nachgang kann es ebenfalls zu einem hämorrhagischen Infarkt kommen, da die Gefäßstenose zu einer Kongestion des nicht versorgten Hirngewebes führt. Hirninfarkte können auftreten bei:

  • Makroangiopathie: Atherosklerose grosser intra- und extrakranieller Hirngefässe, was Thrombose, hämodynamische Insuffizienz oder arterio-arterielle Embolien zur Folge haben kann. Betroffen können sein:
    • Arteria carotis interna
    • Arteria cerebri media (Mediainfarkt)
    • Arteria cerebri anterior
    • Arteria cerebri posterior (Posteriorinfarkt)
    • Arteria basilaris
    • Arteria vertebralis
    • Arteriae cerebelli
  • Mikroangiopathie: Erkrankung kleiner Hirngefässe (lakunäre Infarkte subkortikal und im Hirnstamm, z.B. bei arterieller Hypertonie oder Diabetes mellitus)
  • kardiogenen und aortogenen Embolien: alle oben genannten Gefäße können betroffen sein
  • nicht atherosklerotischen Ursachen: z.B. Vaskulopathien und Koagulopathien

Hirnblutung (Hämorrhagie)

Hämorrhagien sind Folge von geplatzten und eingerissenen Gefäßen. Blut, das die Nervenzellen eigentlich mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen soll, tritt ins Hirngewebe aus. Die Nervenzellen werden dabei nicht nur durch die verminderte Sauerstoffversorgung, sondern häufig auch durch die neurotoxische Wirkung und den Druck des ausgetretenen Blutes geschädigt. Sekundär kann es durch die blutungsbedingte Raumforderung und Vasospasmen in nachgeordneten Regionen zusätzlich zu einer Ischämie kommen.

Pathologie

Ein vollständiger Infarkt eines Gewebebezirks im Gehirn führt zu einem Absterben des Gewebes (Kolliquationsnekrose) mit einer Hirnerweichung (Enzephalomalazie). Man unterscheidet:

  • Encephalomalacia alba: Folge von Ischämie, kein Blutaustritt ins Gewebe
  • Encephalomalacia rubra: Folge von sekundären Einblutungen ins Gewebe

Klinik

Vorübergehende Minderdurchblutung (TIA)

Oft (mindestens bei jedem 3. Patienten) treten im Vorfeld eines Schlaganfalls vorübergehende neurologische Ausfälle auf. Diese werden auch als transitorisch-ischämische Attacke (TIA) bezeichnet, wenn sich die Symptomatik innerhalb von 24h wieder zurückbildet.

Bei neueren, restriktiveren Konzepten geht die Tendenz dahin, als TIA nur noch flüchtige zerebrale oder retinale Dysfunktionen mit einer Symptomdauer von unter 1h und fehlendem Infarktnachweis aufzufassen. Die früher verwendeten Begriffe „PRIND“ und „RIND“ (für prolongierte reversible ischämisch-neurologische Defizite) sind nicht mehr zeitgemäß.

Alle vorübergehenden Ausfälle sind äußerst ernst zu nehmende Warnzeichen.

Schwerwiegende Minderdurchblutung

Die klinische Symptomatik eines Schlaganfalls ist stark abhängig von der Lokalisation und Ausprägung des Gefäßverschlusses bzw. davon, welches Gehirnareal wie stark betroffen ist.

Sehr häufig kommt es bei einem Apoplex zu:

halbseitiger Lähmung (Hemiparese): Plötzlich auftretende Schwäche oder Lähmung auf nur einer Körperseite – insbesondere eines Armes, eines Beines oder einer Gesichtshälfte (Facialisparese)
Sprachstörungen (motorische Aphasie): Sprachschwierigkeiten in Verbindung mit Lähmung einer Körperseite (zumeist der rechten Seite)
eingeschränktem Sprachverständnis (sensorische Aphasie)
Weitere Symptome können sein:

Sehstörungen: halbseitiger Ausfall eines Gesichtsfelds (homonyme Hemianopsie), vorübergehender Visusverlust (i.d.R. nur auf einem Auge), Doppelbilder, verschwommenes Sehen
Gleichgewichtsstörung, Koordinationsprobleme, Schwindel, Gangunsicherheit
plötzlich auftretende Eintrübung des Bewusstseins, bis zur Bewusstlosigkeit
Verwirrtheit und Desorientiertheit
Übelkeit (mit oder ohne Erbrechen)
schlagartig auftretender starker Kopfschmerz
Déviation conjuguée („Herdblick“)
Amnesie
Pathologische Reflexe
Bei Schlaganfällen im Bereich des Hirnstammes treten charakteristischerweise Alternans-Syndrome auf.

Diagnostik

Da nur in den ersten Stunden nach Auftreten der Symptome eine Therapie möglich ist („time is brain“!), muss der Schlaganfallpatient umgehend in eine geeignete Klinik (mit „Stroke Unit“) gebracht werden. Dort kann mittels CT oder MRT das Ausmaß der Schädigung festgestellt werden.

Schlaganfall CCT
Schlaganfall
Schlanganfall
Hämorrhagische Infarzierung eines Schlaganfalls im Gebiet der arteria cerebri media
Schlaganfall
Schlaganfall
Stroke healthy
Schlaganfall

Computertomografie (CT)

Häufig wird beim Schlaganfall eine konventionelle CT des Schädels (CCT) durchgeführt. Hiermit kann man in der Akutphase unterscheiden, ob der Schlaganfall durch eine Blutung („hämorrhagisch“) oder durch einen Gefäßverschluss (ischämischer Hirninfarkt) verursacht wurde, was von entscheidender Bedeutung für die weitere Therapie ist. Eine einfache konventionelle CT ohne Kontrastmittel („native“ CT, NECT) ist jedoch besonders in der Frühphase des Schlaganfallas nicht sehr sensitiv und ermöglicht keine genaue Einschätzung der Infarktausdehnung.

Ergänzend werden deswegen zusätzlich zur konventionellen CT weitere speziellere CT-Untersuchungen zur Schlaganfall-Diagnostik eingesetzt:

Perfusions-CT (PCT): Hiermit kann nicht nur erkannt werden, ob ein Schlaganfall vorliegt, sondern auch eine Unterscheidung zwischen irreversibel geschädigtem Hirngewebe (Kerninfarkt) und eventuell noch zu rettendem Hirngewebe (Penumbra) durchgeführt werden (quantitative Durchblutungsmessung)
CT-Angiographie (CTA): Zur Darstellung der Hirngefäße
Durch die Kombination von NECT, PCT und CTA („multimodale CT-Schlaganfall-Diagnostik“) lassen sich deutlich mehr Informationen gewinnen, z.B. welches Gefäß verschlossen ist, und welcher Teil des Gehirns wie stark minderversorgt ist. Das erleichtert dem Arzt die Entscheidung über die initialen Therapiemaßnahmen und das weitere Vorgehen.

Magnetresonanztomografie (MRT)

In den meisten modernen Zentren in Deutschland steht mittlerweile das MRT zur Schlaganfalldiagnostik zur Verfügung. Dieses Verfahren gilt als zuverlässiger als CT. Wie die multimodale CT liefert auch die (multimodale) MRT viele nützliche Informationen über Ursachen und zum Verlauf der Gewebeschädigung beim Schlaganfall. Im Vergleich zur CT hat die MRT den Vorteil, dass sie viel besser kleine Infarkte (Lakunen), ältere Infarkte oder zerebrale Mikroangiopathien darstellen kann. Nachteilig ist jedoch, dass die MRT-Untersuchung deutlich länger dauert als eine CT-Untersuchung.

Im Rahmen der MRT-Schlaganfall-Diagnostik ist auch eine mit der CT-Angiographie vergleichbare Gefäßdarstellung (Magnetresonanzangiographie, MRA) und eine mit dem Perfusions-CT vergleichbare semiquantitative Durchblutungsmessung (PWI, DWI) möglich.

Angio, Doppler, EKG, Echo

Angiographie: In manchen Fällen ist eine Angiographie nötig. Hierbei wird dem Patienten über einen Katheter ein Kontrastmittel gespritzt und anschließend Röntgenaufnahmen des Kopfes (bzw. zuführender Gefäße) gemacht. Mit der digitalen Subtraktions-Angiographie (DSA) sind die Gefäße am besten darstellbar.
Doppler-Sonographie: Mit der Doppler-/Duplexsonographie der hirnversorgenden Gefäße kann man Verkalkungen und arteriosklerotische Ablagerungen nachweisen, die zu Stenosen (Verengungen) der Arterien bzw. Thrombosen führen können. Je höher der Grad der Stenose, desto größer ist die Gefahr, einen Apoplex zu erleiden. Mit der transkraniellen Doppler- und Duplexsonographie (TCD) können neuerdings auch Gefäße im Schädelinneren dargestellt werden.
EKG, Echokardiographie: Bei Verdacht auf eine kardiogene Embolie-Quelle sollte mit EKG und Sonographie des Herzens („Herz-Echo“) überprüft werden, ob evtl. Herzrhythmusstörungen für eine Thrombenbildung mit Embolie-Gefahr verantwortlich sein können.

Scoresysteme

Die Schwere der klinischen Symptomatik wird anhand von Scoresystemen erfasst, die u.a. zur Verlaufsdokumentation und zur Indikationsstellung therapeutischer Verfahren dienen, z.B. die NIHSS.

Therapie

Basismaßnahmen

Zunächst gehören die Sicherung und Stabilisierung der Vitalfunktionen und physiologischen Parameter (Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung, Blutzucker, Körpertemperatur, Elektrolyte etc.) sowie – abhängig von der Kreislaufsituation – die Lagerung mit erhöhtem Oberkörper zu den Basismaßnahmen, welche dann die medikamentöse Therapie der festgestellten Störungen einschließen. Ggf. muss eine Krampfanfall-Therapie durchgeführt werden. Die Basismaßnahmen sind wichtig, um den Patienten zu stabilisieren und das Auftreten eines weiteren, zusätzlichen, ggf. noch größeren Schlaganfalls zu verhindern.

Im möglichst rasch durchzuführenden CT oder MRT zeigt sich, ob noch eine Chance besteht, Hirngewebe zu retten oder ob es bereits zu spät ist, das vom Schlaganfall betroffene Hirngewebe zu erhalten. Bei einem ischämischen Infarkt können manchmal verschlossene Gefäße durch eine Thrombolyse-Therapie wiedereröffnet werden. Die Chancen dafür sind dann verhältnismäßig günstig, wenn Symptome sofort bemerkt wurden und der Patient sofort ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Jede Lyse birgt jedoch ein nicht geringes Blutungsrisiko in sich.

Intravenöse Thrombolyse

Das Zeitfenster für eine intravenöse Lysetherapie (mit rtPA) ist eng. Sie ist nur bis zu 3, nach anderen Angaben auch 4,5 Stunden nach Auftreten der Symptome wirksam. Ihre Evidenz wird kontrovers diskutiert. Neuerdings entscheidet aber nicht mehr nur alleine die vergangene Zeit über die sinnvolle Anwendung der Lysetherapie, sondern auch die Größe des Kerninfarkts, sowie die Größe des umliegenden in Mitleidenschaft gezogenen Hirngewebes „tissue at risk“ (Penumbra). Dies gilt insbesondere bei Patienten, bei denen das Zeitfenster unklar ist, zum Beispiel, wenn die Symptomatik sich im Schlaf entwickelt hat.

Katheterintervention

In spezialisierten Schlaganfall-Zentren ist es möglich, bei ausgewählten Patienten mit einem Katheter durch die Blutbahn direkt in die betroffenen Hirngefäße vorzudringen und dortige Blutgerinnsel durch intraarterielle Lyse vor Ort gezielt aufzulösen. Alternativ ist die mechanische Entfernung des Thrombus mit Hilfe eines Stent-Retrievers möglich.

Hemikraniektomie und OP

Bei Hirnblutungen ist eine Lysetherapie nicht indiziert. Hier kann ggf. operativ behandelt werden. Bei zu großer Blutung oder Ödem nach Hirninfarkt kann eine Hirndruck-Entlastung Abhilfe verschaffen. Zur Druckentlastung entfernt man z.B. einen Teil des knöchernen Schädeldachs (Hemikraniektomie), der später wieder aufgesetzt wird.

Risikofaktoren

Beeinflussbare Faktoren

Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:

Hypertonie (Bluthochdruck)
Rauchen
Dyslipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
Übergewicht und Bewegungsmangel
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung)
Gerinnungsstörungen

Nicht beeinflussbare Faktoren

Zusätzliche, nicht beeinflussbare Risikofaktoren sind:

Hohes Alter: Statistisken belegen, dass mehr als 50% der erfassten Schlaganfälle im Alter von 65- 85 Jahre auftreten. Jedoch können auch junge Menschen einen Schlaganfall erleiden. Jeder vierte Betroffene ist noch im erwerbsfähigen Alter. Unter 5% der Patienten sind jünger als 40 Jahre.
Genetische familiäre Prädisposition: Personen, bei denen Verwandte einen Schlaganfall erlitten haben, haben ein erhöhtes Risiko, da bestimmte Schlaganfall-Risikofaktoren erblich sind und folglich familiär gehäuft auftreten.
Blutgruppe: Das Schlaganfallrisiko ist auch von der Blutgruppe abhängig. Während die Blutgruppe 0 das kleinste Schlaganfallrisiko hat, erhöht die Blutgruppe AB das Risiko für einen Schlaganfall um etwa 30%.

Prävention

Beim ischämischen Schlaganfall unterscheidet man zwischen der Primärprävention, also der Vorbeugung eines Schlaganfalls, und der Sekundärprävention. Letztere beinhaltet Maßnahmen, die bei Schlaganfallpatienten unternommen werden, um einen erneute Ischämie zu verhindern (Rezidivprophylaxe).

Primärprävention

Die beste Möglichkeit, einem ischämischen Schlaganfall vorzubeugen, ist eine gesunde Lebensweise. Dazu gehört:

Blutzuckereinstellung
Blutdruckeinstellung
Nikotinverzicht
Je nach Risiko Einstellung des LDL-Cholesterins (mit Statinen)
Gewichtsnormalisierung, regelmäßige Bewegung
Reduktion des Alkoholkonsums
gute Ernährung: hoher Anteil an Obst, Gemüse; wenig fett- und zuckerhaltige Lebensmittel
Antikoagulation bei Vorhofflimmern (je nach Situation)

Sekundärprävention

Bei Schlaganfallpatienten ohne Vorhofflimmern sollte innerhalb der ersten 48 Stunden nach dem Ereignis eine Rezidivprophylaxe mit ASS (100 mg/d) begonnen werden. Bei Vorhofflimmern wird eine therapeutische Antikoagulation mit DOAK oder Cumarinen empfohlen. Weiterhin sollte jeder Patient nach einem ischämischen Schlaganfall Statine erhalten, da diese auch unabhängig vom Cholesterinspiegel die weitere Schlaganfallrate reduzieren. Der Blutdruck muss konstant im Bereich von 120/70 bis 140/90 mmHg eingestellt werden.

Creative Commons Lizenzvertrag (BY, NC, SA)

Hoergeraet

Quelle: https://flexikon.doccheck.com/de/Schlaganfall

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Synonyme:
Apoplex, Apoplexia cerebri, apoplektischer Insult, apoplexy, CVA, cerebro vascular accident zerebrovaskulärer Insult, stroke
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