Hörgeräte

Bauform: IdO oder HdO – Im-Ohr-Geräte (IdO) oder Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO)?

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Jetzt geht’s los!
Ich schreibe hier ja auch oft über die tollen kleinen In-dem-Ohr-Hörgeräten (IdO). Man darf ohne weiteres von der immer weiter voranschreitenden Miniaturisierung und den neuen Möglichkeiten begeistert sein.
Viele aber sagen, der Hype um die IdOs sei völlig übertrieben. Grund genug für mich, mich für Sie, liebe Leserinnen und Leser, da einmal umzuhören.

Was sind IdO-Geräte und HdO-Geräte nochmal?

IdO-Geräte sind Hörgeräte, die fast komplett oder komplett im Gehörgang des Schwerhörigen stecken.
HdO-Geräte sind die hierzulande beliebtesten Hörgeräte. Bei ihnen sitzt das eigentliche Hörgerät mit Batterie und Mikrophonen hinter dem Ohr und der Schall wird über einen externen Hörer (Lautsprecher) oder einen Schallschlauch und ein Ohrstück ins Ohrinnere geleitet.

Ich spreche mit vielen Hörakustikern.

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Die Hörakustiker sind sich uneins

Ein Teil (ich nenne sie mal IdO-Fans) hält IdO-Geräte für das Nonplusultra. Für sie gibt es keine modernere und bessere Versorgung bei Schwerhörigkeit und dem gleichzeitigen Wunsch nach unauffälligen Hörgeräten. Diese Vorliebe für IdO geht soweit, dass sie auch Kunden, die gar keinen Größenwunsch geäußert haben, diese Geräte empfehlen und verkaufen.

Der andere Teil der Hörakustiker rümpft die Nase. Ich nenne sie mal IdO-Gegner. Zu kurze Batterielaufzeit, Okklusionseffekt und ungeeignet für die kostenlose Testphase. Darunter auch einige „Faule“, die lieber Slimline-HdO mit offener Schirmchenversorgung verkaufen, statt eine Anpassung eines IdOs vorzunehmen.

Und der dritte Teil der Akustiker zuckt mit den Achseln: „Für den einen ist HdO besser, für den anderen IdO, das muss man doch jedesmal neu herausfinden und muss bedarfsgerecht beraten.“
Diese Gruppe nenne ich gute Hörakustiker.

Und so gespalten die Meinungen der Fachleute sind, so unterschiedlich ist auch ihre Sichtweise auf die jeweils andere Gruppe.
Die IdO-Fans zeigen mit dem Finger auf die IdO-Gegner und beschuldigen sie, einfach nur zu faul zu sein, um die Anpassung vorzunehmen.
Die IdO-Gegner unter den Akustikern deuten auf die IdO-Fans und beschuldigen sie, nur das Teuerste zu verkaufen.

Gute Hörakustiker hingegen stehen keiner der Lösungen grundsätzlich ablehnend gegenüber und beherrschen vor allem auch beide Techniken.

Schauen wir uns die Vor- und Nachteile doch einmal näher an.

Im-Ohr-Geräte (IdO) haben gegenüber Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO) Vorteile aber auch Nachteile

Vorteile:

  • Es kommt nichts hinter das Ohr, was mit der Brille „kämpfen“ könnte.
  • Hinter dem Ohr entsteht Schweiß, das Gerät ist im Ohr besser geschützt
  • Das Gerät ist besser vor Regen geschützt
  • Die Position der Schallaufnahme ist natürlicher, die Ohrmuschel hat noch ihre akustische Funktion.
  • Im Ohr kann es weder beim Kämmen, noch beim An- und Ausziehen stören
  • Es ist fast oder ganz unsichtbar
  • Windgeräusche sind sehr selten

Nachteile:

  • Die Geräte sind so klein, dass sie von Älteren nicht gehandhabt werden können
  • Ohrenschmalz ist ein ständiges Problem, da helfen auch Siebe und Schutzfilter kaum.
  • Die Geräte sind empfindlicher und es kommt vermehrt zu Ausfällen und teuren Reparaturen.
  • Die Reinigung ist aufwendiger und sehr filigran.
  • Durch die Maßanfertigung sind sie teurer als vergleichbare HdOs
  • Die deutlich kleineren Batterien sorgen für eine kurze Laufzeit = hohe Batteriekosten
  • Es gibt keine Bedienelemente. Eine Automatik muss alles regeln oder eine Fernsteuerung angeschafft werden
  • Mit einer App-Bedienung für die Steuerung kommen Ältere oft nicht zurecht
  • Bei hochgradigen Schwerhörigkeiten sind die IdOs aufgrund von Leistungseinschränkungen oft nicht geeignet. HdOs sind stärker.
  • Rückkoppelungen sind oft ein Thema bei dieser Art der Hörgeräte-Versorgung.
  • Der Okklusionseffekt spielt eine deutliche Rolle.

Überwiegen die Vor- oder die Nachteile?

Man könnte meinen, dass die Nachteile überwiegen. Aber das ist nicht so. Inzwischen können die meisten Betroffenen schon mit IdOs gut versorgt werden.
Aber das ist eine Entscheidung, die im Zusammenspiel von Kunde und Hörakustiker individuell getroffen werden muss.
Hier ist eine lange Test– und Anpassphase besonders wichtig.

Ein schmales HdO mit offener Schirmchenversorgung ist hier tatsächlich schneller angepasst und verkauft.
Aber es kann sich lohnen, die IdOs vorzustellen und mit dafür geeigneten Geräten (ohne Individualbau) auch eine unverbindliche Testphase zu ermöglichen.
Hierbei ist es immer besonders wichtig, dem Kunden klar zu machen, dass der Tragekomfort und auch die Rückkopplungsneidung durch den später erfolgenden Individualbau deutlich verbessert wird.

Es wirken aber dennoch zwei Dinge hier gegeneinander. Einerseits sagen manche Hörakustiker, dass die meisten ihrer Hörgeräte-Einstiegskunden eine IdO-Versorgung bevorzugen würden.
Sie verweisen darauf, dass in den USA über 60% aller Hörgeräte IdOs sind.
Auf der anderen Seite wandelt sich aber der Status der Hörgeräte derzeit. Nicht zuletzt auch dank der Werbung mit bekannten Schauspielern hat die Hörgeräte-Industrie dazu beigetragen, dass das Tragen eines Hörgerätes längst nicht mehr als Makel empfunden wird. Vielmehr wird das Tragen eines Hörgerätes mit den Aspekten „der tut was für sich“ und „der kann sich das leisten“ verbunden.

Bildquellen:
  • hoergeraeteformate: AACE

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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 20. Juli 2021 | Revision: 21. April 2024

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