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Hörgeräte: Da finde ich doch keinen Partner! Angst vor Mobbing

schwerhoerigenforum.de

Eine junge Frau ist verzweifelt, weil sie ab jetzt Hörgeräte tragen soll. Sie fürchtet Mobbing und Nachteile bei der Partnersuche. Hier unsere besten Tipps:

Ich bin total am Ende. Vor kurzem hat man bei mir eine Schwerhörigkeit festgestellt, und ich weiß nicht mehr weiter. Ich war bei einer HNO-Ärztin, die mir eine Verordnung gegeben hat, und dann bei einem Hörakustiker. Dort wollte ich mir kleine, unauffällige Hörgeräte aussuchen, die man ins Ohr steckt und die niemand sehen kann. Ich bin 31 Jahre alt, Single, und meine Kolleginnen dürfen auf keinen Fall merken, dass ich Hörgeräte trage. Sie sind total oberflächlich und würden mich wahrscheinlich mobben, sich lustig machen oder sogar auf Instagram und Tiktok über mich herziehen.

Das Schlimmste: Der Hörakustiker sagt, dass solche kleinen Geräte für meine Hörprobleme überhaupt nicht ausreichen. Ich brauche wohl stärkere Geräte, die man hinter dem Ohr trägt. Aber das ist für mich undenkbar! Ich fühle mich jetzt schon wie eine alte, taube Frau. Meine Kolleginnen würden mich sofort als Witzfigur abstempeln, und eine hat sogar gesagt, ich soll mir lieber ein Implantat einsetzen lassen, weil man das nicht sehen würde. Aber so ein Eingriff macht mir Angst. Ich bin so verzweifelt und weiß nicht, wie ich mein Leben so weiterführen soll. Wie soll ich jemals einen Partner finden, wenn ich mit so einem Ding rumlaufen muss? Können Sie mir helfen? Was soll ich bloß machen?

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Vielen Dank, dass Sie Ihre Sorgen mit uns teilen. Ihre Verzweiflung ist verständlich. Ich finde es gut, dass Sie sich in dieser schwierigen Situation Gehör verschaffen und Unterstützung suchen. Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, die Lage zu entwirren und Lösungen zu finden.

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass Sie nicht allein sind. Viele junge Menschen stehen vor ähnlichen Herausforderungen, wenn sie eine Hörminderung diagnostiziert bekommen. Es ist völlig normal, dass Sie sich Gedanken über das Aussehen, die Akzeptanz und die möglichen Reaktionen Ihrer Umgebung machen. Doch es gibt gute Nachrichten: Es gibt viele Wege, wie Sie mit dieser Situation umgehen können, ohne Ihre Lebensqualität zu beeinträchtigen oder sich dauerhaft zu verstecken.

1. Hörgeräte und die richtige Anpassung:

Ihr Hörakustiker hat Ihnen wahrscheinlich deshalb Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte empfohlen, weil diese für Ihren Grad der Schwerhörigkeit besser geeignet sind. Diese Bauform ermöglicht mehr Leistung, eine bessere Verstärkung und oft eine bessere Klangqualität. Wenn es für Ihre Hörgesundheit notwendig ist, sollten Sie sich ernsthaft überlegen, diese Geräte auszuprobieren. Es gibt inzwischen sehr kleine, diskrete Hinter-dem-Ohr-Geräte, die kaum auffallen. Sie können die Farben an Ihre Haar- oder Hautfarbe anpassen lassen, sodass sie noch unauffälliger werden. Gerade Frauen haben vielfältige Optionen, Hörgeräte durch die Frisur unauffällig zu tragen.

2. Ihre Ängste und das soziale Umfeld:

Die Angst vor Mobbing oder dem Urteil anderer kann belastend sein. Aber viel wichtiger ist, dass Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden Vorrang haben. Menschen, die über andere urteilen, tun dies oft aus Unsicherheit oder Unwissenheit. Sie könnten überlegen, ob Sie mit einer vertrauten Person in Ihrem Umfeld darüber sprechen, um Unterstützung zu bekommen. Vielleicht hilft es Ihnen auch, mit einem Therapeuten oder Berater über Ihre Ängste zu sprechen. Selbstbewusstsein im Umgang mit Hörgeräten entsteht oft erst mit der Zeit.
Menschen, die sich und ihr soziales Umfeld vorwiegend über Instagram oder TikTok definieren, sind oft nicht die besten Ratgeber.

3. Partnerschaft und Selbstbewusstsein:

Die Vorstellung, dass Hörgeräte die Partnersuche erschweren, ist ein Klischee, das nicht der Realität entspricht. Ein Partner, der Sie liebt und respektiert, wird durch ein Hörgerät nicht abgeschreckt. Hörgeräte sind ein Hilfsmittel, genau wie eine Brille, und zeigen, dass Sie Verantwortung für Ihre Gesundheit übernehmen. Wenn jemand das nicht akzeptieren kann, sagt das mehr über diese Person aus als über Sie.
Außerdem ist es doch sinnvoller, einen Menschen, den Sie mögen, auch verstehen zu können, als sich mit dem Problem der Schwerhörigkeit zu verstecken.

4. Fokus auf Funktion und Lebensqualität:

Hörgeräte sind keine Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Sie ermöglichen Ihnen, besser zu hören, aktiver am Leben teilzunehmen und Ihre Lebensqualität zu verbessern. Mit der richtigen Einstellung und Unterstützung durch Ihren Akustiker können Sie erleben, wie viel Lebensfreude Ihnen ein gutes Hörsystem bringen kann.
Viele junge Frauen, die mich um Rat gefragt haben, sind diesem gefolgt und den ganz anderen Weg gegangen: Statt die Hörgeräte zu verstecken, haben sie sich für bunte Hörgeräte und Ohrstücke mit Glitzer entschieden. Sie zeigen selbstbewusst, dass sie Hörgeräte tragen und verantwortungsvoll mit ihrer Gesundheit umgehen.

5. Technische Vorteile genießen:

Moderne digitale Hörgeräte können alles das, was die allerbesten AirPods auch können. Sie können damit freihändig telefonieren, ohne das Handy in die Hand nehmen zu müssen. Sie können im Auto Navigationsanweisungen hören, ohne dass das laut abgespielt werden muss. Sie genießen Podcasts, Hörbücher und Musik jederzeit und unbemerkt direkt in Ihren neuen Hörgeräten. Auch die komplette Steuerung eines Smarthomes können Sie drahtlos und berührungslos über die Hörgeräte bewerkstelligen. In Konferenzen, auch via Internet, sind Sie beim Verstehen klar im Vorteil. Das alles sind Gründe, die manche moderne Managerin zu Hörgeräten greifen lässt, obwohl sie medizinisch gesehen gar keine benötigen.
Möglicherweise ist das für Sie nur ein schwacher Trost, aber immerhin ist es ein Trost. Neben dem besseren Hören und Sprachverstehen dürfen Sie sich auf diese technischen Errungenschaften wirklich freuen.

6. Der Vorteil, nicht mehr doof zu sein:

Eine Schwerhörigkeit bringt immer große Nachteile mit sich. Das Wort doof bedeutet in seinem Ursprung taub und schwerhörig. Sie erkennen schon, dass schlechtes Hören oft mit Dummheit gleichgesetzt wird. Schwerhörige sind aber keinesfalls dümmer, sie verstehen einfach oft nur nicht, was gesprochen wurde. Aber das können Sie nun spielend ausgleichen, indem Sie Hörgeräte tragen und mithin ab sofort nicht mehr „doof“ sind. Sehen Sie es doch so, dass Sie durch die Hörgeräte große Vorteile hinsichtlich Ihrer Kommunikation haben werden.

Fazit:

Es ist verständlich, dass Sie sich gerade überfordert fühlen, aber Sie haben bereits einen wichtigen Schritt getan, indem Sie sich Hilfe gesucht haben. Probieren Sie die vorgeschlagenen Hörgeräte zunächst aus und geben Sie sich Zeit, sich an sie zu gewöhnen. Wenn Sie Zweifel oder Bedenken haben, sprechen Sie diese offen bei Ihrem Hörakustiker an. Ein guter Akustiker wird mit Ihnen zusammenarbeiten, bis Sie die beste Lösung gefunden haben. Und denken Sie daran: Sie sind mehr als ein Hörgerät – Ihre Persönlichkeit und Ihre Fähigkeiten machen Sie aus, nicht ein kleines technisches Hilfsmittel.

Rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir herzlich gerne, wenn Sie mehr Infos oder Ratschläge benötigen.

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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 19. März 2025

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