Fragen an die Redaktion

Hörgeräte bei eng anliegenden Ohren

eine unzufriedene Dame diskutiert mit einem Hörakustiker

Eine Leserin berichtet, dass ihr als Kind die Ohren sehr stark – und leider nicht besonders fachgerecht – angelegt wurden. Dadurch ist hinter der Ohrmuschel kaum Platz. In-dem-Ohr-Geräte kann sie nicht tragen, und sogar ein schmales HdO-Modell wie das Signia Styletto rutscht nach vorn aus der Position, sobald sie die Haare bewegt.

Leserinnenfrage:

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Sollte ich ein dickeres oder ein möglichst dünnes HdO wählen, damit es „fester klemmt“, oder führt das nur zu unangenehmen Druckstellen?

Ihre Situation ist gar nicht so selten: Wenn die Ohrmuschel wenig hinteren Raum hinter dem Ohr bietet – etwa durch operative Ohrkorrekturen in der Kindheit –, kann das Aufliegen eines Hinter-dem-Ohr-Geräts deutlich schwieriger sein als bei anatomisch „normalem“ Abstand. In-dem-Ohr-Geräte scheiden bei Ihnen aus, und selbst sehr schmale Bauformen wie das Styletto finden keinen stabilen Halt, weil sie durch Haare oder minimale Bewegung nach vorne geschoben werden.

Ein dickeres Gerät „zum Klemmen“ ist leider keine gute Lösung

Ein voluminöseres HdO mag zunächst so wirken, als könne es sich fester hinter die Ohrmuschel „einklinken“. In der Praxis passiert aber meist Folgendes:

  • Das Gerät sitzt nicht stabiler, sondern wird weiterhin nach vorne gedrückt.
  • Die geringere Auflagefläche sorgt eher für Reibung und Druckstellen.
  • Die Bewegung der Haare überträgt weiterhin Kraft auf das Hörgerät – unabhängig vom Modell.

Kurz gesagt: Mehr Masse bedeutet nicht automatisch mehr Halt. Meist führt es nur zu mehr Beschwerden.

Was stattdessen wirklich hilft

Es gibt einige erprobte Lösungen, die explizit für anatomisch enge oder ungünstige Ohren entwickelt wurden:

  1. HdO-Geräte mit sogenanntem „tiefen Sitz“ (low profile)
    Manche Hersteller bieten Modelle an, deren Gehäuseform weiter innen in der Ohrmulde liegt und weniger über die Ohrkante hinausragt. Diese sitzen oft stabiler.
  2. Maßgefertigte Slim-Tubes oder Spezialwinkel
    Akustiker können die Winkelung des Schallschlauchs oder der RIC-Kabelführung so anpassen, dass das Gerät automatisch in einer besseren Position hält.
    Eine kleine Änderung an der Schlauch- oder Kabelgeometrie bewirkt oft Wunder.
  3. Geräte mit Fixierungs-Optionen
    Es gibt kleine, nahezu unsichtbare Stützmodule oder recht flexible Silikon-Stabilizer, die das Wegrutschen nach vorn verhindern. Sie werden individuell angepasst.
  4. Ohrpassstücke (Domes → Maßotoplastik)
    Eine individuell gefertigte Otoplastik (auch bei RIC möglich!) sorgt dafür, dass das Gerät über das Kabel/die Ankopplung stabil geführt wird, unabhängig von der knappen Ohrmuschel.
  5. Knochenleitungshörgerät AdHear
    Die Firma MedEl stellt das Knochenleitungshörgerät AdHear1 her. Hier wird der Schall nicht durch das Ohr geleitet, sondern über den Schädelknochen. Das Gerät wird nur aufgeklebt. Das Hörgerät sitzt nicht in der Furche hinter dem Ohr. Eine OP ist nicht erforderlich.
  6. Haarführung anpassen
    Gerade lange Haare, die dicht am Ohr anliegen, funktionieren oft wie eine „Schaufel“. Schon eine kleine Anpassung der Frisur – z. B. Haare leicht hinter das Ohr streichen oder glätten – kann die Stabilität enorm verbessern.

Was Sie mit Ihrem Akustiker unbedingt besprechen sollten

  • Welche HdO-Form passt am besten zu Ihrer Ohrform?
  • Ist ein anderes Gehäuse-Design sinnvoll (z. B. runder, flacher, ergonomisch geformt)?
  • Lässt sich die Kabellänge oder -führung optimieren?
  • Welche Fixierungshilfen stehen zur Verfügung?
  • Ist eine maßgefertigte Otoplastik sinnvoll?

Ein wirklich guter Akustiker kann ausmessen, fotografieren und verschiedene Kombinationsmöglichkeiten testen. Häufig braucht es zwei, drei Iterationsschritte – aber das Ergebnis ist meist sehr stabil und angenehm.

Mein Rat für Sie

Ich würde die oben vorgeschlagenen, einfachen Schritte als Erstes versuchen und die Situation ausführlich mit dem Hörakustiker besprechen.
Als Gold-Lösung, die in jedem Fall funktionieren sollte, käme der Einsatz eines AdHear-Gerätes von MedEl infrage. Ich habe diese Hörlösung selbst ausprobiert und bin überrascht, wie gut und zuverlässig das funktioniert.
Tipp: Bevor Sie ein Hörgerät auswählen, für das die Krankenkasse nicht die vollen Kosten übernimmt, sprechen Sie unbedingt mit einem HNO-Arzt, Ihrem Hörakustiker und ggfs. mit einem Sozialverband wie beispielweise dem VdK.
Bei besonderen medizinischen Begründungen müssen die Kassen mehr übernehmen als im Normalfall. Also: Erst schlau machen, dann bestellen!

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(©si)