Bringen Hörgeräte, die es umsonst gibt, überhaupt etwas? Oder sollte man besser gleich zum teureren Modell greifen?
Lieber Herr Wilhelm,
Ihre Seite fasziniert mich und ich lese schon seit Jahren mit. Vielen Dank für Ihre vielen lehrreichen Beiträge, auch an Ihre Kollegen.
Mich bewegt aber eine Frage: Die Technik ist doch heute so weit entwickelt, dass es eigentlich zwischen den preiswertesten Hörgeräten, die man umsonst bekommt, und denen die Tausende von Euro kosten kaum noch einen Unterschied geben sollte.
Weshalb sind denn die Luxusversionen so teuer? Was können die teureren HGs mehr? Lohnt sich die Mehrausgabe?
Über Ihre Antwort freue ich mich.
Lutz W. (76)
Es ist vollkommen egal, welches Hörgerät Sie kaufen, in Deutschland gibt es keine schlechten Hörgeräte auf dem Markt. Alle Hörgerätehersteller, gleich wie sie heißen, kochen einerseits nur mit Wasser und bieten andererseits das Beste, das die Technik heute hervorbringen kann.
Das gilt auch und insbesondere für den Bereich der zuzahlungsfreien Hörgeräte. Denn „umsonst“ sind diese ja nicht, die Krankenkasse bezahlt sie halt nur vollständig.
Der Preis von Hörgeräten bemisst sich schon lange nicht mehr am Wert der Hardware. Die moderne Mikroelektronik ist inzwischen preiswert geworden. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Hörgerätetechnik immer auch Nischentechnik ist, die längst nicht in solchen Stückzahlen verkauft wird, wie beispielsweise Smartphones. Und für ein Spitzen-Smartphone legt man heute auch locker zwischen 1.000 und 2.000 Euro hin.
Die Geräte der Einstiegsklasse sind gute Hörgeräte, die für die allermeisten Schwerhörigen zum reinen besseren Hören und Verstehen vollkommen ausreichen. Man darf aber nicht vergessen, dass diese Hörgeräte -es sind halt Basisgeräte- keinerlei Komfort und bestimmte Einschränkungen besitzen.
Sie bieten eine ausreichende Anzahl von Kanälen und Programmen. Sie haben eine Automatik und sind vor Rückkopplungen geschützt. Ein guter Hörakustiker kann diese Basishörgeräte immer gut einstellen.
Doch so wie es bei allem ist, gibt es auf dem Markt noch mehr. Sie können einen Kühlschrank für 99 Euro kaufen oder einen mit Smart-Home-Technik, verspiegelten Türen und Eismaschine für 9.000 Euro. Und genauso bekommen Sie neben den „Umsonst“-Hörgeräten auch Geräte die zwischen 150 Euro, über 700 Euro bis hin zu mehreren tausend Euro kosten.
Es ist doch klar, dass es Spitzentechnologie neuester Bauart zuerst immer in der Formel 1 gibt und nicht im Kleinwagen. Und so bekommen Sie schon für etwas mehr als „umsonst“ kleinere Gehäuse, mehr Kanäle und mehr Programme, Windgeräusch-Verhinderung, Echo-Manager, verbesserten Rückkopplungsschutz und vor allem die neuen smarten Computer-, Sprachsteuerungs- und App-Funktionen via Funk.
Dabei muss der Schwerhörige sich gar nicht einmal zwischen Einfach-Modell und Luxus-Modell entscheiden. Sondern er bekommt vielfach ein und dasselbe Hörgerätemodell in verschiedenen Technikstufen. So kann er gemeinsam mit dem Hörakustiker ganz fein abstimmen, welche Funktionen er wirklich benötigt und kauft dann nur genau das, was er auch braucht. Bei manchen Herstellern kann man sich die Hörgeräte sogar nachträglich upgraden lassen.
Eins ist aber klar: Gutes Hören kann man nicht kaufen. Die Basismodelle sind schon ausreichend gut.
Aber wer viel in wechselnden Hörumgebungen unterwegs ist, wer an Konferenzen, Telefonmeetings, Video-Chats und an Vereinssitzungen teilnimmt und auch in Restaurants und Cafés unterwegs ist, der kommt mit einem Einstiegsmodell schnell an dessen Grenzen.
Hier können besser ausgestattete Hörgeräte einfach mehr.
Ich könnte dem Hörakustiker, der meinem Schwiegervater für über 7.000 Euro Komforthörgeräte verkauft hat, heute noch böse sein. Mein Schwiegervater ist Mitte 80 und nur noch selten in Gesellschaft. Ihm würden schöne, leicht bedienbare Hörgeräte der unteren Mittelklasse vollkommen genügen. Wahrscheinlich käme es sogar mit dem Basismodell wunderbar zurecht.
Mit der Appsteuerung seiner Hörgeräte hat er sich noch nie beschäftigt, die Geräte sind ihm zu kompliziert und er weiß gar nicht, was er mit einem Windgeräusch-Schutz und der eingebauten Telefonfunktion machen soll, das interessiert ihn alles nicht.
Ein anderer Senior, der noch aktiv in vielen verschiedenen Hörwelten unterwegs ist, der könnte von diesen zusätzlichen Fähigkeiten besserer Hörgeräte richtig profitieren.
Hörgerät umsonst oder lieber teuer?
Es kommt also überhaupt nicht darauf an, was man sich persönlich leisten kann oder will, sondern ganz allein darauf, welche Anforderungen die persönlichen Lebensumstände an das Hörgerät stellen.
https://hoergeraete-info.net/nicht-gleich-zum-teuersten-hoergeraet-greifen/
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