Seit ich zwei Hörgeräte habe, bemerke ich, dass ich immer tauber werde. Die Geräte wurden mir im Januar angepasst. Der Hörakustiker sagte, ich sei aufgrund meines Alters (39) ein untypischer Fall. Ich trage die Hörgeräte jetzt ständig. Vorher hatte ich sie nur ein paar Stunden am Tag im Ohr. Der Akustiker hat mir dann Ihre Seite empfohlen und ich habe alles über die Gewöhnung und die Anfangsschwierigkeiten gelesen. Seitdem trage ich die Hörgeräte regelmäßig und lange.
Wenn ich aber die Hörgeräte mal rausnehme, bin ich erschüttert, wie schlecht ich auf einmal ohne Hörgeräte höre. Ich habe den Eindruck, dass ich noch viel schlechter höre, als vor dem ersten Tragen der Geräte. Kann es sein, dass mich die Hörgeräte taub machen?
Kaum ein Hörverlust tritt schlagartig ein. Meistens geht das schleichend. Unser Gehirn ist sehr lange in der Lage, den Hörverlust auszugleichen.
Wenn nun jemand, der sich schon an seinen Hörverlust gewöhnt hatte, ein Hörgerät bekommt, lernt das Gehirn wieder um.
Die Unterstützung, die das Gehirn die ganze Zeit beim Hören leisten musste, fällt nun weg. Das Hörgerät liefert genug Schall, damit Sie auf Anhieb besser hören, ohne dass das Hirn einen Teil der Hörleistung mit übernehmen muss. Das ist auch genau das, was der Hörakustiker erreichen will. Das Hören soll wieder funktionieren wie früher.
Was aber nicht bedeutet, dass Sie danach wieder so hören wie früher. Das sind zwei Paar Schuhe.
Normal ist es, dass das Ohr die Schallwellen aufnimmt und über die Gehörknöchelchen und die Sinneszellen in der Hörschnecke weiterleitet. Weil noch alle Sinneszellen intakt sind, kommt saubere Information im Gehirn an, die es sofort als verstandene Sprache umsetzen kann.
Das schwerhörige Ohr kann dem Gehirn aber nicht so viel „saubere“ Informationen liefern. Bestimmte Laute, wie S und F können nicht mehr richtig unterschieden werden. Das Gehirn muss also erst noch eine Denkleistung erbringen, um aus dem Gehörten etwas zu verstehen. Daran gewöhnt sich der Schwerhörige.
Werden nun Hörgeräte eingesetzt, ist die Fülle der Klänge oft zu viel für das Ohr und das Gehirn. Es muss die Gewöhnung erfolgen, die Geduld und Durchhaltevermögen erfordert.
Mindestens 14 Tage benötigt das Gehirn, um sich wieder auf den Normalzustand zurückzustellen.
Nimmt der Hörgeräteträger nun die Hörgeräte heraus, landet er bei genau dieser Situation: Das Gehirn hat sich schon wieder auf das Normalhören zurückgestellt. Es muss nicht mehr mitarbeiten, um etwas zu verstehen. Die Hörgeräte liefern genug Informationen.
Da aber die Mithilfe des Gehirns jetzt ausbleibt, kommt es dem Schwerhörigen, der seine Hörgeräte herausnimmt, so vor, als würde er noch schlechter hören als zuvor.
Das ist aber ein Trugschluß.
Bild: Christine Sponchia/Pixabay
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